Selbstverwaltung im Gesundheitswesen durch Staatsdirigismus ersetzen?
Ökonomen fordern Reform statt Abschaffung
Der Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte (bdvb) - größter und unabhängiger Verband der Wirtschaftsakademiker - kritisiert die Drohung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, die gemeinsame Selbstverwaltung im Gesundheitswesen abzuschaffen. Er warnt vor Staatsdirigismus, der an die Stelle der gemeinsamen Selbstverwaltung treten könnte und fordert dazu auf, die gemeinsame Selbstverwaltung zu dezentralisieren.
Schon heute verdient die gemeinsame Selbstverwaltung diesen Namen eigentlich nicht mehr, sondern ist zentralistisch. Ein zu großer Teil der Regelungsbefugnisse ist bei den gemeinsamen Bundesausschüssen der Spitzenverbände der Kassen und der Ärzte konzentriert. Die Selbstverwaltung steht deshalb schon lange unter Beschuss. Die einzelnen Kassen können längst ihren Leistungskatalog kaum mehr selbst mitgestalten.
Die Gesundheitsministerin spricht mit ihrer Drohung nur aus, was alle Beteiligten seit Jahren wissen. Richtiger als die Abschaffung der Selbstverwaltung wäre vielmehr ihre konsequente Stärkung durch weitere Dezentralisierungsmaßnahmen, etwa der Einführung von Öffnungsklauseln in den Richtlinien der Bundesausschüsse.
Unter dieser Voraussetzung wird die gemeinsame Selbstverwaltung gegenüber einer staatlichen Behörde die auf Dauer sachgerechtere und effizientere Lösung bleiben können. Die jetzige Drohung der Ministerin ist nicht nur dem holprigen Start der "Gesundheitsreform" geschuldet.
Die ersten Entwürfe des Reformpakets aus dem letzten Jahr standen klar im Zeichen des Staatsdirigismus. So waren darin Pläne für ein beim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung angesiedeltes Zentrum für Qualitätssicherung in der Medizin und für verbindliche Leitlinien der Behandlung enthalten.
Das zum 1. Januar 2004 in Kraft getretene Gesetz sieht dieses Zentrum nur noch in Form eines "Papiertigers" vor. Das Schreckensszenario eines puren Staatsdirigismus könnte dennoch rasch zur politischen Realität werden. Die Ministerin schuldet der Öffentlichkeit eine Erklärung, wohin die Reise im Gesundheitssystem gehen soll: Zu mehr Freiheit oder zu mehr Plan.
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