Transport in quasi-eindimensionalen Systemen
Von Jahr zu Jahr werden die Bausteine der modernen Kommunikationsmittel weiter miniaturisiert, während sie gleichzeitig immer mehr Möglichkeiten in bezug auf Komfort und Schnelligkeit bieten. Dies ist eines der augenscheinlichsten Zeichen einer Entwicklung, deren Bedeutung seit den 50er Jahren stetig zunimmt: die fortschreitende Miniaturisierung elektronischer Schaltkreise.
Diese Miniaturisierung kann durch ein verbessertes Verständnis der Grundlagen optimiert werden. Das theoretische Verständnis und sich eventuell daraus ableitende Optimierungsvorschläge für die Praxis sind die Ziele eines Projektes am Lehrstuhl für Theoretische Physik I der Universität Würzburg (Prof. Dr. Werner Hanke). Das Vorhaben wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Die Miniaturisierung ist in den vergangenen Jahren zu Größenverhältnissen vorgestoßen, bei denen theoretische Vorhersagen völlig neue physikalische Effekte erwarten lassen. Die sogenannten Quantendrähte zum Beispiel haben eine laterale Ausdehnung von nur einigen Atomlagen (etwa 10-8 Meter). Sie werden auch am Lehrstuhl für Technische Physik der Universität Würzburg hergestellt und experimentell untersucht. Um zu einem theoretischen Verständnis dieser Strukturen zu gelangen und somit letzten Endes gezielte Vorschläge zur Materialverbesserung machen zu können, muß das reale System modelliert werden. Dabei erlaubt es die geringe "Dicke" des Quantendrahtes, ein effektives eindimensionales Modell zu verwenden.
Die theoretischen Untersuchungen von eindimensionalen Systemen, deren Anfänge in den 50er Jahren liegen, starteten nicht primär mit dem Ziel, einen Vergleich mit realen Systemen durchzuführen. Dies erschien damals technisch unmöglich. Es ging vielmehr darum, tieferen physikalischen Einblick in ein vermeintlich "einfaches" Modellsystem zu erhalten. Dabei stellte sich sehr schnell heraus, daß sich mit der Beschränkung auf eine Raumdimension physikalische Eigenschaften zeigen, die sich deutlich von denen höherdimensionaler Modelle unterscheiden. Systeme mit diesen eigentümlichen Merkmalen werden seitdem als "Luttinger-Flüssigkeiten" bezeichnet.
Diese sind vor allem dadurch charakterisiert, daß kleine Störungen, zum Beispiel durch ein schwaches, zeitlich veränderliches elektrisches Feld, nicht mehr mit Elektronen beschrieben werden können, sondern mit Hilfe neuer, sogenannter kollektiver Anregungen. Das hat eine Reihe frappierender Konsequenzen: Während beispielsweise in normalen Metallen jedes Elektron seinen Spin mit sich "trägt", bewegen sich in eindimensionalen Metallen Elektron und Spin voneinander losgelöst mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Diese "Spin-Ladungstrennung" führt zu einer Reihe ungewohnter experimenteller Konsequenzen, die sich auch bei der praktischen Anwendung auswirken.
Eine Vereinfachung der bisher erwähnten Modelle bestand in der Annahme, daß es sich um "reine" Modellsysteme handelt, bei denen der Einfluß von Störstellen, Versetzungen, Unordnung und ähnlichen Effekten vernachlässigt wird. Dieses idealisierte Bild läßt sich aber in der Realität nicht einhalten, so daß die Modelle für einen Vergleich zwischen Theorie und Experiment erweitert werden müssen. Diese Erweiterung wollen die Wissenschaftler um Prof. Hanke untersuchen.
Um den Einfluß von zum Beispiel Unordnung zu beantworten, werden sowohl analytische Verfahren als auch Computer-Simulationen auf den schnellsten in Deutschland vorhandenen Großrechnern (in Stuttgart, München und Jülich) eingesetzt. Im direkten Vergleich mit experimentellen Daten, die an Quantendrähten gewonnen wurden, sollen die Transportmechanismen - elektrische und Wärmeleitfähigkeit - in quasi-eindimensionalen Systemen besser verstanden werden. Dadurch soll die bisher ausschließlich empirisch verlaufende Suche nach verbesserten Materialeigenschaften systematisiert werden.
Kontakt: Prof. Dr. Werner Hanke, Telefon (0931) 888-5714, Fax (0931) 888-5141, E-Mail:
hanke@physik.uni-wuerzburg.de
Weitere Informationen:
Korrekturen
30.06.1998 00:00
Im zweiten, nichtfetten Absatz ist die Rede von "nur einigen Atomlagen (etwa 10-8 Meter)". Gemeint sind natürlich "10 hoch minus acht Meter".
18.06.1998 00:00
Im zweiten nichtfetten Absatz dieser Pressemitteilung ist die Rede von:
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