Was mittelalterliche Stadtbücher erzählen
Am Donnerstag, dem 23. September 1999, spricht im Rahmen einer Vortagsreihe der Gesellschaft für Deutsche Sprache, Zweigverein Magdeburg, Frau Dr. Saskia Luther von der Arbeitsstelle Niederdeutsch der Otto-von-Guericke-Universität zum Thema:
"Wenn de olde worstmekere der Engelkenschen" etwas vererben wollte - sprachgeschichtliche Betrachtungen zu den elbostfälischen Stadtbüchern des Hochmittelalters und der beginnenden Neuzeit.
Die Veranstaltung findet um 19.00 Uhr in der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Virchowstraße 24, Raum 427 statt. Der Eintritt ist frei.
Stadtbücher entstanden im 13. Jahrhundert. Die komplizierten Rechtsverhältnisse in den sich entwickelnden Städten machten es notwendig, daß Rechtsvorschriften und Rechtsakte niedergeschrieben und nicht mehr, wie bislang in der bäuerlichen Gesellschaft üblich, mündlich überliefert wurden.
Diese Bücher führten keine einheitlichen Namen, sie hießen Amtsbücher, Schöffenbücher, Gerichtsbücher, Handelsbücher oder Schöffenchroniken, im niederdeutschen Raum Schöppenbücher oder Schöppenchroniken.
Aus dem ostfälischen Sprachgebiet überlieferte Stadtbücher, so aus Haldensleben, Aken und Halle, vermitteln uns neben Einblicken in soziale, rechtliche und wirtschaftliche Strukturen zahlreiche Sprachzeugnisse.
So findet man in ihnen eine Fülle von heute nicht mehr gebräuchlichen Berufsbezeichnungen wie vleschhouwere, herincweschere, marscalk und worstmekere.
Von besonderem Interesse sind auch damals offensichtlich modernen, heute nicht mehr gebräuchliche Vornamen oder Abkürzungen von Vornamen, wie etwa Ebel von Eberhard, Koppe von Jacob und Mewes von Bartholomeus, ein Ursprung mancher Familiennamen.
Die Benennungen von Frauen lassen Rückschlüsse auf Geschlechtsspezifika bei der Entwicklung von Familiennamen, auf dialektale Prozesse und auf die soziale Rolle der Frau im Hochmittelalter zu. Anhand von zahlreichen Beispielen sollen die obengenannten Stadtbücher unter sprachgeschichtlichen Aspekten vorgestellt werden, ergänzt durch die Auswertung einer "Bevölkerungsstatistik des magdeburgischen Landes" aus dem Jahre 1635.
Weitere für das Jahr 1999 ankündigte Vorträge dieser Reihe werden sich mit der Entwicklung vom "Wendedeutsch zum Gesamtdeutsch" und mit der "Indirektheit in der Sprache" beschäftigen.
Nähere Auskünfte erteilt gern:
Dr. Kornelia Pape, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Germanistik, Tel. 0391/67 16640, Fax: 67 16559.
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