Siliziumchips mit Schlammschnecken
Siliziumchips mit Schlammschnecken
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Biophysik
Vom 4. bis 6. Oktober 1999 findet die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Biophysik e.V. (DGfB) in Ulm statt. Tagungspräsident ist Prof. Dr. Gerd Ulrich Nienhaus, Leiter der Abteilung Biophysik der Universität Ulm. Zu dieser Tagung werden rund 200 Teilnehmer vor allem aus Deutschland und daneben aus - insbesondere deutschsprachigen - europäischen Ländern erwartet. Die Deutsche Gesellschaft für Biophysik mit Sitz in Frankfurt am Main hat etwa 500 Mitglieder. Sie gliedert sich in die Sektionen Molekularbiophysik, Membranen, Zellen und Netzwerke sowie Strahlen- und Umweltbiophysik. Die DGfB ist Mitglied in der EBSA (European Biophysics Societies' Association) sowie der IUPAB (International Union of Pure and Applied Biophysics).
In der Biophysik werden physikalische Methoden und Versuchsanordnungen zum Verständnis von Lebensvorgängen herangezogen. Die Vielfalt der Strukturen und Prozesse, die innerhalb der lebenden Materie begegnen, spiegelt sich in der Mannigfaltigkeit der Forschungsthemen wider. Auch das Programm der DGfB-Jahrestagung repräsentiert diese Breite des Forschungsspektrums.
In der Molekularbiophysik steht die Untersuchung von Struktur und Dynamik biologischer Moleküle im Vordergrund. Biomoleküle sind komplexe molekulare Maschinen. Ziel der hierauf gerichteten Forschung ist es, die Funktionsmechanismen von Biomolekülen im Detail zu verstehen. Diese Kenntnisse bilden die Grundlage für Anwendungen in verschiedenen Disziplinen, wie Medizin, Pharmakologie, Biotechnologie oder Umweltschutz. Ein aktueller Schwerpunkt der Tagung liegt auf der Untersuchung dynamischer Prozesse in einzelnen Biomolekülen.
Auch die Forschungsschwerpunkte des Ulmer Biophysikers Prof. Nienhaus und seiner Arbeitsgruppe gehören dem Bereich der molekularen Biophysik an. Um die Lebensvorgänge auf molekularer Ebene zu verstehen, müssen die konformationellen, energetischen und chemischen Veränderungen der molekularen Funktionsbausteine aufgeklärt werden. Mit Hilfe der Laserspektroskopie untersuchen Nienhaus und Mitarbeiter unter anderem funktionsrelevante Bewegungen von Proteinen. Prozesse auf allen in Betracht kommenden Zeitskalen, von langsamen bis hin zu extrem schnellen Abläufen, die sich in weniger als einer billionstel Sekunde vollziehen, können dabei erfaßt werden. In jüngster Zeit wurden in der Ulmer Abteilung Biophysik hochempfindliche Meßmethoden entwickelt, mit deren Hilfe solche Strukturänderungen an einzelnen Biomolekülen beobachtet werden können.
Die lebende Materie wird durch Struktur und Organisation auf vielen Ebenen charakterisiert, von Molekülen und molekularen Aggregaten über Zellen und Lebewesen bis hin zu komplexen Ökosystemen. Jede dieser Organisationsebenen ist Gegenstand biophysikalischer Forschung. Das physikalische Verständnis komplexer biologischer Materialien wie Zellmembranen oder ganzer Zellen ist gegenwärtig von besonderem Interesse für technische Anwendungen, zum Beispiel für die Biofunktionalisierung von Festkörpern in der Sensorik. Ein Thema, das dauerhaft breitere Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist die funktionale Verbindung der Siliziumtechnologie mit Biomaterialien. Prof. Dr. Peter Fromherz vom Max-Planck-Institut in Martinsried, ehedem Universität Ulm, wird dazu über »Siliziumchips mit Lipidmembranen, Ionenkanälen und Schlammschnecken« sprechen.
In der Strahlen- und Umweltbiophysik wird vor allem die medizinisch weitverbreitete Kernspinresonanz-Tomographie im Mittelpunkt stehen. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Auswirkungen von Laserbestrahlung und ionisierender Strahlung auf lebendes Gewebe.
Weitere Informationen: