Euro, Dollar, Yen: ein Währungspuzzle
Der Euro steht seit seinem Start Anfang 1999 an den Devisenmärkten unter Druck. Binnen eines Jahres hat sich sein Außenwert um mehr als zehn Prozent verringert. Anderen Währungen ging es besser: der Dollar hat unter leichten Schwankungen seinen Außenwert gehalten, der Yen hat um ein Fünftel zugelegt.
Erschienen in: IWH-Wirtschaft im Wandel 2/2000 oder unter www.iwh.uni-halle.de)
Es fällt derzeit schwer, für den Wertverlust des Euro gegenüber Dollar und Yen überzeugende fundamentale Begründungen zu finden. Sicher: Europa hat gegenüber den USA die niedrigeren Zinsen, das schwächere Wachstum und Defizite im Staatsbudget; dies gilt gemeinhin als Szenario für eine schwache Währung. Aber: im Vergleich zu Japan weist Europa die höheren Zinsen, das kräftigere Wachstum und ein weit geringeres Staatsdefizit auf; das müsste den Euro gegenüber dem Yen in die Höhe treiben - doch das Gegenteil ist der Fall. Die Fundamentalerklärung versagt.
Manchmal wird die Schwäche des Euro als Abstrafung der Märkte für das angeblich verkrustete, inflexible Wirtschaftsmodell Europa angesehen. Das überzeugt nicht. Der hohe Startkurs des Euro Anfang 1999 war ja nicht politisch gesetzt worden, sondern entsprach den marktbestimmten Wechselkursen. Haben die Märkte Anfang 1999 nichts von der angeblichen europäischen Verkrustung gewusst und diese erst ab Februar wahrgenommen? Kaum zu glauben!
Was bleibt als Erklärung? Die Wechselkursentwicklung lebt derzeit von sich selbst erfüllenden Erwartungen. Man rechnet mit dem Rückgang des Euro (Anstieg des Dollar, Yen), spekuliert auf die Abwertung des Euro (Aufwertung von Dollar, Yen), und die Spekulation treibt dann wirklich den Euro nach unten (den Dollar, Yen nach oben). Das kann noch eine Weile so gehen; aber allemal sind solche sich selbst verstärkenden Kursbewegungen früher oder später zu Ende gewesen. Die spekulative Seifenblase platzt. Das wird auch beim Euro der Fall sein, nur wann, das kann niemand sagen. Aber der Euro hat der gegenwärtigen Abwertung zum Trotz Aufwertungspotential.
Silke Tober
Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Abteilung Konjunktur und Wachstum
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