IWH-Industrieumfrage im Januar 2000: Günstige Aussichten der ostdeutschen Industrie im Jahr 2000
Laut IWH-Umfrage unter rund 300 Unternehmen beurteilt die ostdeutsche Industrie ihre Lage im Januar 2000 so positiv wie vor Jahresfrist, aber ungünstiger als zum Ende des Jahres 1999. Dies ist kein Grund zur Beunruhigung, da die Urteile nach dem Jahreswechsel in den vergangenen Jahren aus sai-sonalen Gründen immer schlechter ausgefallen sind als in den Monaten davor.
(Erschienen in: IWH-Wirtschaft im Wandel 3/2000 oder unter www.iwh.uni-halle.de)
In den Jahren mit kräftigem Wachstum haben sie sich danach gebessert, anderenfalls blieben sie im weiteren Verlauf des Jahres eingetrübt. Der zuletzt genannte Fall dürfte in diesem Jahr nicht eintreten, da die Unternehmen ihre Geschäftsaussichten äußerst zuversichtlich einschätzen. Das war z. B. im vergangenen Jahr mit der Wachstumsdelle nicht so.
Rückblickend auf 1999 ist der Umsatz der ostdeutschen Industrieunternehmen bei vorübergehender Schwäche im Jahresverlauf in den letzten Monaten wieder mit einer zweistelligen Rate gestiegen. Über das gesamte Jahr gerechnet betrug der Umsatzzuwachs lt. amtlicher Statistik aber nur 6 vH. Diese Zunahme wurde vor allem vom Export getragen, der sich um 10 œ vH erhöhte, während sich der Inlandsumsatz schwächer entwickelte. Auf Unternehmensebene reichte die Entwicklungsspanne von Schrumpfung bis zu kräftiger Expansion. Wie die IWH-Umfrage vom Januar 2000 ergab, verbuchte mehr als die Hälfte der Industrieunternehmen höhere Umsätze im Vergleich zum Vorjahr. Jedes dritte Unternehmen verwies sogar auf Umsatzsteigerungen von 10 Prozent und mehr. Besonders häufig wurden solche Steigerungsraten von den Investitionsgüterproduzenten angegeben. Allerdings war der Umsatz bei mehr als 10 vH aller Unternehmen rückläufig. Im Gefolge der Turbulenzen auf den internationalen Märkten meldete sogar fast jedes dritte Unternehmen mit Auslandsabsatz einen Rückgang seiner Exporte.
Die von den Unternehmen für Januar gemeldete Eintrübung der Geschäftslage zieht sich durch alle fachlichen Hauptgruppen. Im Nahrungsgütergewerbe ist die Bewertung zwar auf den bisherigen Tiefststand gerutscht, hier wirken aber wohl die vorgezogenen Käufe zum Jahrhundertwechsel nach. Im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage im November 1999 hat sich der Saldo aus positiven und negativen Urteilen aller Unternehmen zur Geschäftslage um 12 Punkte auf der Bewertungsskala verringert. Weiterhin überwiegen aber die Optimisten - fast drei Viertel der Unternehmen (72 vH) beurteilen die geschäftliche Situation mit "gut" oder "eher gut" und lediglich 28 vH mit "schlecht" oder "eher schlecht".
Die Einschätzung der Geschäftsaussichten ist dagegen deutlich aufwärtsgerichtet. Der Saldo aus positiven und negativen Meldungen liegt mit 62 Punkten um 16 Punkte höher als in der vorangegangenen Umfrage. Auch im Vergleich zum Vorjahresmonat fällt die Beurteilung optimistischer aus. Die Erwartung erfolgreicher Geschäfte wird in der letzten Zeit von den kräftigen Auftragseingängen gestützt, insbesondere aus dem Ausland. Getragen wird die gute Stimmung in erster Linie von den Vorleistungsgüterproduzenten, aber auch die anderen fachlichen Hauptgruppen schätzen ihre Geschäftsaussichten besser als in der letzten Umfrage ein. Sogar im Nahrungsgütergewerbe greift wieder Zuversicht um sich.
So sind auch die Umsatzerwartungen der Unternehmen für das Jahr 2000 überaus optimistisch. Laut IWH-Umfrage gehen fast 70 vH der Unternehmen von steigenden Umsätzen aus und lediglich 15 vH rechnen mit einem Rückgang. Ausschlaggebend dafür dürfte die allgemeine Belebung der Konjunktur in Deutschland sein, die auf die ostdeutsche Industrie ausstrahlen wird. Die Umsatzsteigerungen werden sich auf Unternehmensebene vorwiegend im Bereich bis zu 10 vH bewegen. Besonders stark bauen die Investitionsgüterhersteller auf eine Verbesserung des Geschäftsklimas. Über 40 vH dieser Unternehmen rechnen mit Umsatzzuwächsen von mehr als 10 vH.
Beschäftigungspläne mit leichtem Plus
Die zuversichtliche Einschätzung der Geschäftsentwicklung im Jahr 2000 dürfte mit positiven Effekten für den Arbeitsmarkt einhergehen. Annähernd ein Drittel der befragten Unternehmen beabsichtigt, bei Realisierung der geplanten Umsatzsteigerungen die Beschäftigtenzahl aufzustocken. Nur 15 vH der Unternehmen wollen Personal abbauen. Die Mehrzahl der Unternehmen will im laufenden Jahr mit dem vorhandenen Personalbestand auskommen.
Im Detail sind deutliche Unterschiede zu erkennen. So setzen das Ge- und Verbrauchsgütergewerbe, die kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten sowie MBO und Reprivatisierer in noch stärkerem Maße auf die Weiterbeschäftigung des vorhandenen Personals als die Industrie insgesamt. Die Neigung der Unternehmen zur Personalaufstockung ist im Investitionsgütergewerbe, bei den großen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten sowie den Neugründungen überdurchschnittlich hoch. Im Investitionsgütergewerbe ist aber zugleich häufiger eine Reduzierung der Beschäftigtenzahl geplant als in den anderen Gruppen. Solche Absichten äußerte auch eine größere Anzahl von Unternehmen ausländischer und westdeutscher Investoren. Die originären Neugründungen weisen dagegen mit nur 9 vH der Unternehmen, die von einer Verringerung der Arbeitskräfteanzahl ausgehen, aber 48 H, die sie erhöhen wollen, die günstigste Bilanz auf.
Die große Anzahl von Unternehmen mit Stellenaufbau oder zumindest gleichbleibender Stellenzahl im Jahr 2000 sollte jedoch nicht zu übertriebenem Optimismus verleiten. Entscheidend ist im Endeffekt, wie viele Arbeitsplätze sich hinter der Zu- oder Abnahme verbergen und per saldo tatsächlich neu entstehen. Ein Teil der Zuwächse wird durch Rückgänge an anderer Stelle kompensiert. Die Spannweite der gemeldeten Veränderungen reicht hier von 115 zusätzlichen Arbeitsplätzen auf dem einen Pol bis zum Abbau von 300 Stellen auf dem anderen. Das Gros der Unternehmenspläne bewegt sich im Intervall zwischen plus und minus zehn Einstellungen bzw. Entlassungen, wobei die Anzahl der Einstellungen überwiegt. Mehr als die Hälfte der Unternehmen wird im Jahr 2000 mit dergleichen Anzahl von Arbeitskräften wirtschaften wie 1999 - insgesamt ist damit das Beschäftigungsklima in den bestehenden Unternehmen eher günstig. In einigen Unternehmensgruppen wird es aber tiefe Einschnitte geben. So zeigt die Verteilung nach Größengruppen, dass per saldo mit einem Wegfall von Arbeitsplätzen bei den größeren Unternehmen zu rechnen ist, während die kleineren zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Werden nur die Unternehmen verglichen, für die Beschäftigtenangaben für November 1999 und Pläne für 2000 vorliegen, so ist insgesamt mit einem Stellenzuwachs von knapp einem Prozent zu rechnen.
Bärbel Laschke/Udo Ludwig
Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Abteilung Konjunktur und Wachstum
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