Zu den Anreizwirkungen der Unternehmenssteuerreform
Die Bundesregierung hat vor kurzem den Gesetzentwurf für die von ihr zum 1. Januar 2001 geplante Unternehmenssteuerreform vorgelegt. Neben entlastenden Maßnahmen, die am Tarif anknüpfen, sind Gegenfinanzierungsmaßnahmen, die zu einer Ausweitung der Bemessungsgrundlage führen, vorgesehen. Insgesamt soll dabei eine Nettoentlastung des Unternehmenssektors bewirkt werden.
(Erschienen in: IWH-Wirtschaft im Wandel 4/2000 oder unter www.iwh.uni-halle.de)
Unter der Annahme, dass die Tarifsenkung für das einzelne Unternehmen eine stärkere Wirkung als die Gegenfinanzierungsmaßnahmen hat, kommt es auch auf der Mikroebene zu einer Entlastung. Kurzfristig resultiert daraus ein positiver Impuls auf das Wirtschaftswachstum. Die Steuerreform beinhaltet aber nicht allein eine Senkung des Tarifs oder eine Ausweitung der Bemessungsgrundlage. Sie enthält auch systemverändernde Elemente, wie das Halbeinkünfteverfahren oder das Optionsmodell. Durch diese Elemente ändern sich die von der Steuer ausgehenden Anreize. Es kommt zu allokativen und distributiven Folgewirkungen, die mittelfristig auf Wachstum und Beschäftigung dämpfend wirken.
Mittels einer Veranlagungssimulation wird im Folgenden die steuerliche Belastung für eine Personengesellschaft vor und nach der Reform berechnet. Im Ergebnis zeigt sich, dass die distributiven und allokativen Folgen der Reform weitreichend sind. So werden Unternehmensgewinne gegenüber Arbeitseinkommen, thesaurierte Gewinne gegenüber ausgeschütteten Gewinnen sowie große Unternehmen gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen bevorzugt. Im Optionsmodell werden Unternehmer, die dem Spitzensteuersatz unterliegen, bei Gewinnentnahmen gegenüber anderen Unternehmern begünstigt. Benachteiligt werden Personengesellschaften gegenüber Kapitalgesellschaften und sachkapitalintensive Unternehmen gegenüber arbeitsintensiven Unternehmen.
Aus steuertheoretischer Sicht soll ein Steuersystem möglichst neutral ausgestaltet sein. Diese Forderung ist nur vordergründig rein akademischer Natur. Ein neutrales Steuersystem hat den Vorteil, dass es privatwirtschaftliche Entscheidungen so wenig wie möglich beeinflusst und damit eine möglichst effiziente Allokation von Ressourcen ermöglicht. Auf diesem Weg werden dann Wachstum und Beschäftigung begünstigt. Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip sollte bei der Besteuerung die Leistungsfähigkeit des Individuums berücksichtigt werden. Da alle Einkünfte unabhängig von ihrer Entstehung gleichermaßen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit begründen, bedeutet dies, dass alle Einkünfte steuerlich gleich behandelt werden sollten. Dieses Prinzip wird durch den Entwurf nicht gewahrt.
Kristina van Deuverden
Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Abteilung Konjunktur und Wachstum
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