Siegeszug der Demokratie
Siegeszug der Demokratie
Günstige Prognosen, aber Anpassung der Strukturen notwendig
Berlin (wbs) Eine gesicherte Zukunft kann man der Demokratie voraussagen, wenn man die Trends fortschreibt, die die Vergangenheit und Gegenwart der einzelnen Demokratieformen kennzeichnen. Die Autoren des soeben erschienenen "Jahrbuchs 2000" des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) weisen jedoch auch darauf hin, daß die verschiedenen demokratischen Spielarten die Kraft finden müssen, sich zu wandeln, um die Herausforderungen hoher internationaler Verflechtung und Transnationalisierung - Beispiel: EU - zu bestehen.
Demokratische Institutionen und demokratische Verfahren sind eher robust und weniger zerbrechlich. Von innen und außen geraten die klassischen nationalstaatlichen Ausprägungen der Demokratien jedoch unter Druck: etwa durch wachsende Partizipationsansprüche der Bürger und durch die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen aus nationalstaatlichen Institutionen in trans- oder supranationale Regime.
Der seit zehn Jahren anhaltende globale Siegeszug der Demokratie wirft allerdings die Frage auf, ob und wie die etablierten Demokratien sich demokratisch weiterentwickeln und ob die neuen Demokratien sich konsolidieren. Dies wären nämlich Voraussetzungen dafür, daß Institutionen geschaffen werden, die auf internationaler Ebene - etwa im Rahmen der Europäischen Union - politische Entscheidungen auch demokratisch legitimieren können.
Das von Hans-Dieter Klingemann und Friedhelm Neidhardt herausgegebene WZB-Jahrbuch "Zur Zukunft der Demokratie" geht diesen und anderen gegenwärtig erkennbaren Entwicklungstendenzen und Einschätzungen nach und stellt insgesamt eine nachhaltige Demokratisierung der Politik fest. Entscheidend wird jedoch sein, daß Menschen politische Verantwortung übernehmen, die sich an die Spielregeln der Demokratien halten und tüchtig genug sind, Politik effektiv und effizient zu betreiben.
Eine dramatische Schwierigkeit besteht nämlich darin - so Manfred Schmidt in seinem Beitrag zum WZB-Jahrbuch - , qualifizierten Nachwuchs für politische Führungspositionen zu bekommen. Denn deren Attraktivität ist nur ein mäßiger Anreiz: Sie bieten weniger an Geld, Ehre und Medienresonanz als andere Führungspositionen. Überdies leben Politiker eher von der Politik als für sie und sind also auf deren Verdienstchancen angewiesen, was jedoch von der Gesellschaft als unstatthaft angesehen wird - im Gegensatz zur achselzuckenden Hinnahme weit höherer Gehälter in Wirtschaft oder im Showgeschäft.
Und schließlich führt die innerparteiliche "Ochsentour" der Profilierung über eine lange Durststrecke. "Nimmermüde Händeschüttler" überstehen sie meist besser als Kandidaten, die für Aufgaben komplexer politischer Steuerung besonders befähigt sind.
"Zur Zukunft der Demokratie - WZB-Jahrbuch 2000 zum Wandel von Strukturen", in : WZB-Mitteilungen,
Heft 90, Dezember 2000, S. 10-12 (http://www.wz-berlin.de/presse/pdf/mit90/WZBMit90-10-12.pdf)
Hans-Dieter Klingemann, Friedhelm Neidhardt (Hg.), Zur Zukunft der Demokratie - Herausforderungen im Zeitalter der Gobalisierung, WZB-Jahrbuch 2000, Berlin: edition sigma 2000, 526 S.
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