Pflanzen schützen ihren Nachwuchs mit BAP
Bisher unbekannte Proteine blockieren den Angriff von Schadpilzen / Max-Planck-Züchtungsforscher in Köln entdecken Arsenal neuartiger Abwehrstoffe
Pflanzen speichern in ihren Samen und Früchten große Mengen von Zucker- und Aminosäure-Nährstoffen als Grundversorgung für ihren Nachwuchs. Diese Vorräte haben Krankheitserreger, wie beispielsweise Schadpilze, zum Fressen gern. Um ihren Nachwuchs zu schützen, "vergiften" Pflanzen mit einer Reihe von Abwehrstoffen Früchte und Samen. Neben bereits bekannten, so genannten Defensinen und Enzyminhibitoren haben Wissenschaftler im Team um Dr. Richard Thompson am Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in jungen Maiskörnern jetzt ein weiteres Arsenal bisher unbekannter Abwehrproteine mit breiter fungizider - pilztötender - Wirkung entdeckt. Darüber berichten die Forscher in der neuesten Ausgabe vom 18. April 2001 in "The Plant Journal" (issue 25/6, pp 687-698).
Aufgespürt wurden die neuartigen Anti-Pilz-Proteine in der Grenzschicht zwischen der pflanzlichen Plazenta und dem heranwachsenden Maissamen. Sie werden deshalb als Basal Layer Antifungal Proteins (BAPs) bezeichnet. BAPs werden als inaktive Pro-peptide synthetisiert. Anschließend spalten Enzyme die Propeptide und setzen aktive BAP-Peptide frei. Sie bestehen aus etwa 40 Aminosäuren. Diese BAP-Peptide werden hauptsächlich in einer dicken, aus mütterlichem Gewebe aufgebauten Zellwand gespeichert, die an das Korn grenzt.
Hier reichern sich die aktiven Peptide innerhalb nur weniger Tage an, wenn Samen und Früchte sich entwickeln und die Konzentration an Nährstoffen besonders große Werte erreicht. Im reifen Korn hingegen sind die Abwehrproteine nicht zu finden. Vermutlich schützen die BAP-Peptide das junge Mais-Korn demnach über die nährstoffreichen, mütterlichen Versorgungszellen vor einem Angriff der Schadpilze.
Der Forschergruppe um Dr. Richard Thompson gelang der Nachweis, dass bereits geringste Konzentrationen an aktiven BAP-Peptiden das Wachstum des Getreide-Schädlings Fusarium culmoreum hemmen. Gleiches gilt auch für viele andere Pilzar-ten. So konnten die Wissenschaftler des Kölner Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung zeigen, dass BAP-Peptide nicht nur das Pilzwachstum unterdrücken, sondern auch die Pilzäste verkümmern lassen.
Einen Hinweis darauf, wie die BAP-Peptide ihre Wirkung entfalten, erhielten die Köl-ner Forscher mit Hilfe eines Nukleinsäure-bindenden Indikatorfarbstoffs. Dazu ver-setzten die Wissenschaftler verschiedene Schadpilze sowohl mit den Peptiden als auch mit dem Farbstoff. Daraufhin begannen die Zellkerne deutlich zu fluoreszieren. Der Farbstoff kann sich jedoch nur an die Nukleinsäuren binden, wenn er die Pilzmembranen durchdrungen hat. Das setzt voraus, dass die Membranen durchlässig bzw. beschädigt sind. Wie allerdings die BAP-Peptide in die Membran eindringen können, ist bisher noch unklar. Zur Zeit untersucht die Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut, ob die BAP-Peptide selbst Poren in der Membran verursachen oder ob sie mit spezifischen Rezeptoren zusammenwirken.
Neben solchen biochemischen Studien haben die Max-Planck-Züchtungsforscher die Gene untersucht, welche die verschiedenen BAP-Proteine kodieren. Eine Kartierung ergab, dass die Gene in Gruppen auf den Mais-Chromosomen angeordnet sind. Zudem fanden die Wissenschaftler auch BAP-Gene in Teosinte, der Ursprungsform von Mais, und in Hirse. Alle drei Pflanzensorten zählen zu einer Unterfamilie der Gräser. BAP-Gene kommen aber weder in anderen Getreidearten noch in sonstigen Pflanzen vor. Das könnte darauf hinweisen, dass sich Pflanzen dieser Gräser-Unterfamilie im Lauf der Evolution schnell auf bestimmte Krankheitserreger eingestellt haben.
Da die BAP-Peptide gegenüber einer Vielzahl von schädlichen Pilzen als natürliches Abwehrmittel wirken und zudem nur zeitlich und räumlich begrenzt auftreten, lassen sie sich in Zukunft vielleicht als Alternative zu synthetischen Pilzbekämpfungsmitteln nutzen. So erscheint es möglich, BAP-Gene mit speziellen genetischen Steuerelementen (Promotoren) zu koppeln und auf Pflanzen zu übertragen, die gegen Schadpilze besonders anfällig sind, wie beispielsweise Weinreben. Sie würden dann die Abwehr-Peptide nur an den Stellen bilden, die von den Erregern angegriffen werden.
Für die menschliche Gesundheit sind die BAP-Peptide vermutlich unbedenklich. Sie werden mitverspeist, wenn wir beispielsweise Maiskolben oder -körner essen. Der für die menschliche Ernährung angebaute Süßmais wird nämlich bereits im unreifen Zu-stand geerntet, wenn die BAPs besonders aktiv sind.
Text: Susanne Benner
Quelle: Maize endosperm secretes a novel antifungal protein into adjacent material tissue, Antonio Serna et al., Plant Journal, 18. April 2001.
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