David Gugerli über den kommunikativen Wert von Bildern
Hamburg. Röntgenbilder sind selbstverständlich. Sie machen Sachverhalte deutlich. Ärzte, Patienten, Richter und Krankenkassen sie alle glauben, dass der Knochen gebrochen ist, wenn das Röntgenbild dies zeigt. Damit ist das Röntgenbild ein ganz normales Beweismittel. Es spricht für sich. Wie aber entwickelt sich diese Sprache? Wie erhalten diagnostische Bilder einen kommunikativen Wert? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Technikhistoriker David Gugerli.
Wird ein neues Verfahren, Dinge sichtbar zu machen, entwickelt, ist die Euphorie groß. Und bereits die frühen Diskussionen im Kreis der Entwickler entscheiden offenbar darüber, welche Aussagekraft das neue Visualisierungsverfahren einmal haben wird. Denn jede Gruppe, die diagnostische Instrumente herstellt, braucht bereits Bilder. Sie sind die gemeinsamen Bezugspunkte, über die sich die Kollegen untereinander verständigen. Etwa darüber, was mit einer zukünftigen Technik gezeigt werden soll oder welche Darstellungsformen und visuellen Regeln bei ihrer Anwendung gelten sollen.
Am Beispiel der virtuellen Endoskopie zeigt Gugerli auf der 84. Jahrestagung der DGGMNT in Hamburg, dass bei der Entwicklung neuer Instrumente häufig auf eine wilde Bildermischung aus Science-Fiction, Hollywood-Streifen, Kriegsreportagen und Computerspielen zurückgegriffen wird. Für den fliegenden Chirurgen am Bildschirm werden so Flugbahnen durch Dickdärme, Bronchien und Arterien vorstellbar und planbar. Durch den Rückgriff auf gemeinsame (visuelle) Erfahrungen schließt das neue Bild nahtlos an das alte an. Die neue Bildersprache wird dabei mit der vertrauten Seherfahrung abgesichert und schließlich verständlich.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. David Gugerli
Institut für Geschichte, ETH Zentrum
CH-8092 Zürich
Tel.: 0041/1 632 42 49
Fax: 0041/1 6321481
Email: gugerli@history.gess.ethz.ch
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