RUB-Friedensforscher Horst Fischer bei Bundespräsident Rau
Gibt es ein Recht auf den gerechten Krieg? Als einziger Völkerrechtler nahm RUB-Professor Horst Fischer an einem Gespräch mit Bundespräsident Johannes Rau teil. Zusammen mit neun weiteren Friedensforschern erörterten sie am 5. März 2002 die gegenwärtigen Herausforderungen der Friedensforschung. Fischer schlägt als Alternative zum bloßen Krieg einen in die Völkerrechtsordnung gebetteten ganzheitlichen Ansatz der Konfliktbewältigung vor.
Bochum, 07.03.2002
Nr. 75
Gibt es ein Recht auf den gerechten Krieg?
Bochumer Friedensforscher bei Bundespräsident Rau
Prof. Fischer: Kriegsvermeidung und Krisenbewältigung
Als einziger Völkerrechtler nahm Prof. Dr. Horst Fischer (Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht - IFHV - der RUB) an einem Gespräch mit Bundespräsident Johannes Rau teil. Zusammen mit neun weiteren Friedensforschern erörterten sie am 5. März 2002 die gegenwärtigen Herausforderungen der Friedensforschung.
Ganzheitliche Konfliktbewältigung
Prof. Fischer nannte im Gespräch mit dem Bundespräsidenten vier aktuelle Herausforderungen. Zunächst verwies er darauf, dass das Konzept des gerechten Krieges eine Renaissance erlebt und ungeachtet der Auswirkungen auf Zivilisten fast als Mittel der Rechtdurchsetzung akzeptiert ist, zumal sich die kriegsführenden Parteien häufig auf das Völkerrecht berufen. Dies nachdrücklich zu hinterfragen, so Fischer, sei eine der aktuellen Herausforderungen, vor denen die internationale Gemeinschaft und damit auch die Friedensforschung steht. Fischer schlägt hier als Alternative zum bloßen Krieg einen in die Völkerrechtsordnung gebetteten ganzheitlichen Ansatz der Konfliktbewältigung vor: Der institutionelle und inhaltliche Rahmen von Militäreinsätzen muss auf Grundlage kollektiver Verantwortung aller Staaten neu bestimmt werden.
Griff zum roten Telefon
Als zweite Herausforderung nannte Prof. Fischer die Handlungs- und Steuerungsfähigkeit von Systemen (Staaten), ein Thema, über das heute kaum noch geredet wird. Fischer verweist hier auf den Kalten Krieg, wo die Eskalationsstufen des (möglichen) Konflikts festgelegt und für jeden deutlich waren, zum Beispiel: "Stationierst du dort Raketen, dann stationiere ich hier welche". Explizit nennt Fischer das berühmte rote Telefon, mit dem sich die Staatschefs der UdSSR und der USA notfalls verständigten. Vergleichbare Steuerungselemente hält Fischer auch heute für sinnvoll.
In ständiger Gefahr: das Individuum
Als dritte Herausforderung nennt Friedensforscher Fischer die Stellung des Individuums und von Gruppen in der Staatengemeinschaft. In zunehmendem Maße, so Fischer, wird der Einzelne zum Teil lebensbedrohend von Entscheidungen betroffen, auf die er keinen Einfluss hat. Die Auswirkungen von Kriegen, Umweltveränderungen und anderen humanitären Katastrophen spürt der Einzelne direkt und ohne jede Möglichkeit der Einflussnahme. Fischer regt an, dass gerade deshalb auch das Völkerrecht dem Individuum größere Beachtung (und Möglichkeiten der Beteiligung) schenken sollte.
Kriegsverbrecher
Als vierte Herausforderung nennt Fischer die Rechtsdurchsetzung nach bewaffneten Konflikten. Der Internationale Strafgerichtshof ist für Fischer der richtige Ort für Prozesse gegen Kriegsverbrecher - es sollte allerdings möglichst von allen Staaten genutzt werden.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Horst Fischer, Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht (IFHV), NA 02/33, Tel.: 0234/32-27366, Fax: 0234/32-14208, E-Mail: horst.fischer@ruhr-uni-bochum.de
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