Welttuberkulosetag 2002 "Stop TB, Fight Poverty"
Mit elf Erkrankungen pro 100.000 Einwohner ist die Tuberkulose in Deutschland weiterhin häufiger als in vielen anderen Industriestaaten, auch wenn die Erkrankungszahlen in den letzten Jahren rückläufig gewesen sind (Meldezahlen 2000: 9.064; 1999: 9.974; 1998: 10.440). Weltweit steigen die Zahlen, verursacht auch durch die Ausbreitung der HIV/ AIDS-Epidemie, auf inzwischen geschätzte 8,7 Millionen Tuberkulose-Neuerkrankungen im Jahr 2000. "In Deutschland muss die Aufmerksamkeit für neue Fälle geschärft bleiben, damit sich die Auswirkungen des weltweiten Anstiegs der Erkrankungszahlen und der zunehmenden Zahl antibiotikaresistenter Erreger nicht stärker bemerkbar machen", sagt Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts. Eine neue Qualität der Überwachung und Bekämpfung der Tuberkulose wurde durch das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Infektionsschutzgesetz (IfSG) erreicht.
Durch das IfSG sind die Meldewege beschleunigt worden, die Zahlen für das Vorjahr liegen etwa sechs Monate eher als bislang vor. Wo früher nur zusammengefasste (aggregierte) Daten verfügbar waren, werden jetzt anonymisierte, aber einzelfallbezogene Angaben auf Bundesebene erhoben. Das Gesundheitsamt begleitet den gemeldeten Erkrankungsfall bis zum Abschluss der Behandlung. "Der bisher abzusehende Erfolg des Meldesystems ist dem hohen Engagement aller Beteiligten zu danken", betont Reinhard Kurth. Mit dem neuen Melde- oder Surveillance-System erfüllt Deutschland auch die Anforderungen der Tuberkulose-Überwachung auf europäischer Ebene.
In das neue Surveillance-System sind die Erfahrungen einer Studie des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) wesentlich eingeflossen. Von 1996 bis 2000 hatte die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderte Untersuchung, an der fast 2/3 der Gesundheitsämter teilgenommen hatten, Angaben zur genaueren Einschätzung der Situation, zur Struktur der Erkrankungen und zu Trends in Deutschlands erbracht, die jetzt als Routineparameter abgefragt werden.
Das IfSG ermöglicht auch eine bessere Einschätzung der Resistenzsituation. Der Anteil multiresistenter Erreger (die gegen die beiden wichtigsten Medikamente Isoniazid und Rifampicin unempfindlich sind) scheint die aus der DZK-Studie erkennbare leicht ansteigende Tendenz fortzusetzen und liegt nach einer vorläufigen Auswertung der bereits für 2001 vorliegenden Zahlen bei etwa 2,5 %. Die Daten der DZK-Studie zeigten für das Jahr 2000 1,7 % multiresistente Erreger, dagegen lag der Anteil multiresistenter Isolate von Patienten aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion bei 8,5 % und spiegelt die kritische Tuberkulosesituation in Osteuropa wider.
"Die Behandlung einer multiresistenten Tuberkulose ist langwierig, kostspielig, und die Heilungschancen sind geringer", betont Robert Loddenkemper, Lungenfacharzt in der Lungenklinik Heckeshorn (Berlin) und Generalsekretär des DZK. Um weitere Erkenntnisse über Risikofaktoren und Übertragungsketten bei Tuberkulose in Deutschland zu gewinnen, hat das DZK daher 2001 eine neue, vom BMG finanzierte Studie "Molekulare Epidemiologie, Resistenzsituation und Behandlung" begonnen.
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