Zwei unbekannte Droste-Handschriften
Bei einer Auktion in Berlin konnte die Universitäts- und Landesbibliothek Münster zwei bisher unbekannte Handschriften von Annette von Droste-Hülshoff erwerben.
Annette von Droste-Hülshoff gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland als die bedeutendste deutsche Dichterin in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die intensive Erforschung ihrer Schriften und die große, kurz vor dem Abschluss stehende historisch-kritische Ausgabe ihrer Werke und ihres Briefwechsels mit bisher 27 Bänden dokumentieren den nationalen und internationalen Stellenwert der Droste. Nicht nur weil ihre Handschriften (Autographen) höchst selten auf dem Antiquariatsmarkt angeboten werden, sondern auch weil die beiden jetzt erworbenen Stücke den Kern des Droste-Nachlasses, den so genannten "Meersburger Nachlass", der in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster aufbewahrt wird, um zwei wichtige Handschriften aus den letzten Lebensjahren der Autorin bereichern, ist dieser Kauf ein bedeutender Vorgang.
Es handelt sich dabei einmal um die verloren geglaubte Reinschrift eines Gedichts, das die Droste ihrer Freundin Elise Rüdiger als Namenstagsgeschenk zum 19. November 1845 gewidmet hat. Es steht in der großen Tradition deutscher Gelegenheitsgedichte. Bisher war das Gedicht "An Elise. Mit meinem Daguerrotyp" nur im Entwurf beziehungsweise als Abschrift von Elise Rüdiger bekannt. Jetzt liegt der authentische Text der Droste selbst vor.
Das zweite Stück ist die letzte Seite eines ursprünglich dreiseitigen Briefs der bereits schwerkranken Dichterin vom 9. August 1847, ebenfalls an Elise Rüdiger gerichtet. Elise Rüdiger zählt zu den zentralen Korrespondenzpartnern der Droste. Besonders die Briefe aus ihren letzten Lebensjahren, in denen Annette über ihre Situation, ihre Krankheit und Isolation auf der Meersburg berichtet, sagen viel über die Persönlichkeit der Dichterin aus. So auch der neu erworbene Brief: Annette schreibt darin über ihren schlechten Gesundheitszustand, über ihre "fast fabelhafte Schreib-Unfähigkeit" und das "bittre Gefühl des Unvermögens", sich ihren Freunden mitzuteilen. Deutlich wird ihre Vereinsamung im literarischen Leben: "Litteratur kömmt nicht an mich." Menschlich anrührend klingt ihre Bemerkung "Aber was hilft das Aufregen, wenn man sich nicht regen kann!"
Droste-Autographen kommen sehr selten in den Handel. Es sind genau 25 Jahre vergangen, seit die Universitäts- und Landesbibliothek Münster im Jahre 1977 ihr letztes Droste-Gedicht "Die Schenke am See" auf dem freien Markt erwerben konnte. Der jetzige Kauf der für die Forschung äußerst wichtigen Dokumente wurde ermöglicht durch die Unterstützung des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, der Nordrhein-Westfalen-Stiftung für Denkmalspflege und Naturschutz, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und der Universität Münster.
Die Autographen wurden am 23. Juli 2002 in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Weitere Informationen:
http://www.uni-muenster.de/ULB/Welcome.html
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