Hannah Ahlheim erhält mit 4.000 Euro dotierten Erhard-Höpfner-Studienpreis
Hannah Ahlheim erhält mit 4.000 Euro dotierten Erhard-Höpfner-Studienpreis
SPERRFRIST: 12. FEBRUAR 2003
Der von der "Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft" ausgeschriebene "Studienpreis der Erhard Höpfner Stiftung" galt im Jahr 2002 Arbeiten im Bereich der "Geschichts-, Kultur- und Regionalwissenschaften". Die Preisträger Hannah Ahlheim (Humboldt-Universität) und Daniel Siemons (FU) werden am 13. Februar 2003 in der Mitgliederversammlung der "Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft" geehrt (Auditorium der Schering AG, Müllerstraße 178, 19 Uhr). Den Festvortrag hält Univ.-Prof. Dr. oec. Wulff Plinke zum Thema "Ein neues Mitglied in der Familie - die European School of Management and Technology in Berlin". Die Preisträger stellen im Anschluss an die Laudationes durch den Vorsitzenden der Jury, Univ.-Prof. Dr. Bernd Sösemann, ihre Arbeitsergebnisse vor.
Mit dem "Erhard Höpfner Studienpreis" sollen Abschlussarbeiten der Universitäten und Fachhochschulen in Berlin gewürdigt werden, die Spitzenleistungen darstellen. Jährlich benennt die Stiftung einen wissenschaftlichen Schwerpunkt, aus dem die Vorschläge für die Arbeiten erwartet werden. In der Regel werden zwei Preise in unterschiedlicher Höhe verliehen.
Hannah Ahlheims Magisterarbeit
"Die Commerzbank und die Einziehung jüdischen Vermögens (1938-1945)"
entstand im Rahmen des "Projektes zur Erforschung der Geschichte der Commerzbank 1870- 1958" bei Prof. Dr. Ludolf Herbst an der Humboldt-Universität. Die Commerzbank, deren Kontoführungsakten und Mitteilungsblätter die Quellengrundlage für diese Arbeit bilden, kann hier als ein Beispiel gelten für die Involvierung der Großbanken in die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Juden in Deutschland, die der physischen Vernichtung voraus und mit ihr einher ging. Die Banken, die das Vermögen verwalteten, waren bei der Organisation und Durchführung des Vermögensentzugs eine wichtige Instanz. Sie konnten Informationen erteilen und sammeln, hatten Zugriff auf die Konten und Depots und direkten Kontakt mit den jüdischen Kunden, sie mussten die Überweisungen tätigen und konnten Kontobewegungen und Wertpapiertransfer melden und überwachen und wurden im Laufe des Prozesses immer mehr zum verlängerten Arm der nationalsozialistischen Bürokratie.
In vielen Fällen lesen sich die spätestens seit Anfang 1939 als "jüdisch" gekennzeichneten Kontounterlagen der Commerzbank wie kleine Tagebücher der verfolgten Juden, sie erzählen vom alltäglichen Kampf gegen die Entrechtung, von gelungenen oder fehlgeschlagenen Auswanderungsversuchen. Seit Ende 1941 verzeichnen sie Deportationsnummern und Evakuierungstransporte, die Zahlung der "Abwanderungsabgabe", mit deren Hilfe zum Beispiel die Transportkosten gedeckt werden sollten, oder den Abschluss von "Heimeinkaufsverträgen" für die "Gemeinschaftsunterbringung" in Theresienstadt.
Die jüdischen Kunden der Commerzbank verloren auch im Bankalltag nicht nur ihre Rechte, sondern auch ihre menschliche Würde. Trotz - oder gerade wegen - ihrer unpersönlichen, standardisierten Form zeigen die Unterlagen der jüdischen Konten, dass es den Mitarbeitern der Bank möglich war, die Ungerechtigkeit, die sich in den Formularen der Kontounterlagen spiegelt, in ihrem Arbeitsalltag zu ignorieren oder gar zu akzeptieren. Grundlage für die Durchführung der Vermögenseinziehung waren also nicht nur funktionierende und eingespielte bürokratische Strukturen, sondern auch ein gesellschaftliches Klima, das es den Mitarbeitern der Bank ermöglichte, mögliche moralische Skrupel zur Seite zu schieben oder gar nicht erst aufkommen zu lassen und zur Enteignung der deutschen Juden und zur Organisation ihrer Vernichtung beizutragen.
Kontakt: Hannah Ahlheim, Tel. (030) 44 04 24 21, e-mail: hannahah@web.de
Infos zum Studienpreis: Univ.-Prof. Dr. Bernd Sösemann, Freie Universität, Tel. 838-70448; bsikk@zedat.fu-berlin.de; Erhard Höpfner Stiftung, www.erhard-hoepfner-stiftung.de
Weitere Informationen:
http://www.erhard-hoepfner-stiftung.de