Einwerbung von Drittmitteln ist nach wie vor rechtlich ungeklärt
Prozess gegen Herzchirurgen Prof. Siegfried Hagl beendet / Kollegen sprechen Solidarität und Anerkennung für beispielhafte Standhaftigkeit aus
Nach mehr als acht Jahren ist mit dem Urteilsspruch vom 14. Februar 2003 der Prozess gegen Prof. Dr. Siegfried Hagl, den Ärztlichen Direktor der Abteilung Herzchirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg, heute zu Ende gegangen. Das Urteil lautet: Verwarnung mit Strafvorbehalt. "Der Prozessausgang hat deutlich gemacht, dass die Einwerbung von Drittmitteln für Forschung und Lehre nach wie vor rechtlich nicht geregelt ist", erklärt Prof. Dr. Eike Martin, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg.
Durch sein standhaftes Verhalten habe Professor Hagl - stellvertretend für alle Hochschullehrer Deutschlands - ein gravierendes rechtliches Defizit offen gelegt, sagt Prof. Martin. Es sei unerträglich, dass es zu den Aufgaben eines Hochschullehrers gehöre, Drittmittel bei Forschungsförderern, Industrie oder Sponsoren einzuwerben, dies aber nach wie vor als persönliche Vorteilsannahme gewertet werden könne. Dadurch drohe die medizinische Forschung in Deutschland weiteren Schaden zu nehmen.
Prof. Hagl hatte Anfang der neunziger Jahre Drittmittel, die ausschließlich für Forschungszwecke verwendet wurden, über einen Verein verwalten lassen, ohne die Universitätsverwaltung einzubinden. Dies sei zu diesem Zeitpunkt eine durchaus gängige Praxis gewesen, erklärt Prof. Dr. Hans-Günther Sonntag, Dekan der Medizinischen Fakultät Heidelberg, da damals Defizite in der Verwaltung der Drittmittel bestanden hätten und es mitunter zu erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung von Mitteln gekommen sei.
"Das Verfahren gegen Professor Hagl hat dazu geführt, dass die Drittmittelverwaltung der Universitätsklinika in Deutschland modernisiert wurde", sagt Irmtraut Gürkan, Kaufmännische Direktorin des Universitätsklinikums Heidelberg. Neue, flexible EDV-Programme und moderne Verfahren hätten dazu beigetragen, dass die Gelder zügiger verwaltet würden. Im April 2001 habe das Wissenschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg zudem neue "Richtlinien zur Annahme und Verwendung von Mitteln Dritter" herausgegeben, die u.a. zum Ziel haben, dass rechtliche Probleme vermieden werden, die sich bei der Einwerbung oder Verwendung von Drittmitteln ergeben könnten, insbesondere Vorwürfe der Vorteilsnahme und Untreue.
Die Kolleginnen und Kollegen des Universitätsklinikums der Medizinischen Fakultät Heidelberg haben mit einer Anzeige in der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung" Professor Hagl ihre Solidarität ausgesprochen. Darin heißt es: "Niemals hatten wir Zweifel an der Unschuld von Professor Hagl. All seine Handlungen dienten uneingeschränkt der medizinischen Forschung und Lehre, und damit einer besseren Versorgung von Patienten, die sich einem herzchirurgischen Eingriff unterziehen. All seine Handlungen sind mit dem Hippokratischen Eid vereinbar."