Ausbildungsvertrag gelöst - und neu an den Start! BIBB untersucht Gründe für Ausbildungsabbruch
Auszubildende, deren betrieblicher Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst wird, steigen nicht aus einer Berufsausbildung aus - in der Mehrzahl gehen sie vielmehr noch einmal neu an den Start: Eine vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Spätsommer und Herbst 2002 bundesweit durchgeführte Befragung bei rund 2 300 Jugendlichen, deren Ausbildungsvertrag im Ausbildungsjahr 2001/2002 gelöst wurde, hat ergeben, dass 62% dieser jungen Menschen im Ausbildungssystem blieben. 50% schlossen einen Ausbildungsvertrag in einem anderen Betrieb ab, 8% wechselten in eine Berufsfachschule oder begannen ein Studium und 4% besuchten zur Verbesserung ihres Schulabschlusses noch einmal eine Schule. Von den übrigen begannen 9% eine Erwerbstätigkeit, 17% wurden arbeitslos und 11% befanden sich in einer nicht näher beschriebenen Tätigkeit.
Die Initiative zur Vertragslösung ging überwiegend (57%) von den Auszubildenden aus. Ein knappes Drittel wurde auf Wunsch des Betriebs gelöst, und bei ca. 11% erfolgte die Lösung in beiderseitigem Einverständnis.
Das BIBB befragte die jungen Männer und Frauen nach den Gründen und dem Zeitpunkt für ihren ersten Ausbildungsausstieg.
Warum lösten die jungen Leute ihren Ausbildungsvertrag?
Bei 70% lagen die Gründe in der betrieblichen Sphäre: Hier dominierten Konflikte mit Ausbildern/innen oder Betriebsinhabern/innen (60%); für 43% lag der Grund in einer schlechten Vermittlung von Ausbildungsinhalten, 31% nannten ungünstige Arbeitszeiten und 26% ausbildungsfremde Tätigkeiten als Grund für ihren Ausbildungsabbruch
46% gaben persönliche Gründe an, die sie zum Ausstieg aus der Ausbildung bewogen hatten (Gesundheit, familiäre Veränderungen)
Für jede(n) Dritte(n) stand der Abbruch in engem Zusammenhang mit der Berufswahl und der beruflichen Orientierung: Von ihnen gab jeder zweite an, dass der Einstiegsberuf nicht dem Wunschberuf entsprochen hätte; 42% hatten sich den gewählten Beruf anders vorgestellt, als er sich in der Ausbildungsrealität zeigte. Berufliche Perspektiven oder Einkommenserwartungen spielten dagegen eine eher untergeordnete Rolle.
Wann lösten die jungen Leute ihren Ausbildungsvertrag?
Der weit überwiegende Teil der Vertragslösungen (rund 60%) vollzog sich im ersten Ausbildungsjahr, davon zur Hälfte (29%) bereits in der Probezeit
Im zweiten Ausbildungsjahr verließen noch rund 25% ihren Ausbildungsbetrieb
Im letzten Ausbildungsjahr - also in der Regel kurz vor der Prüfung - brachen 10% ihre Ausbildung ab. Vor allem diese jungen Männer und Frauen hatten in ihrem weiteren Berufsweg erhebliche Probleme. Jede(r) zweite von ihnen bezeichnete sich als arbeitslos oder verblieb in einer nicht näher bestimmten Tätigkeit
Bemerkenswert ist der mit 4% sehr geringe Anteil von Vertragslösungen bzw. Umorientierungen zwischen dem Abschluss des Vertrags und dem Ausbildungsbeginn. Die bindende Wirkung eines Vertrages wird demnach von den Jugendlichen durchaus ernst genommen und Ausbildungsplätze werden nicht leichtfertig blockiert.
Der Vergleich zu einer BIBB-Befragung aus dem Jahr 1996 ergibt, dass inzwischen ein deutlich höherer Anteil derjenigen, die ihren Vertrag lösen, in eine neue Ausbildung einsteigen. 1996 befanden sich nach der Vertragslösung noch 52% in weiteren Bildungsgängen, 2002 waren es 62%. Dabei ist bei den Befragten eine Verschiebung zugunsten der betrieblichen Berufsausbildung gegenüber den Ausbildungsgängen an der Berufsfachschule erfolgt.
Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Befragung erteilt im BIBB Klaus Schöngen, Tel. 0228/107-2027, E-Mail: schoengen@bibb.de
Mit den methodisch-statistischen Grundlagen und Probleme bei der quantitativen Ermittlung von "Vertragslösungen" bzw. dem "Abbruch der Ausbildung" setzt sich die BIBB-Broschüre von Heinrich Althoff, Walter Brosi, Klaus Trolsch, Joachim Gerd Ulrich und Rudolf Werner auseinander: "Vorzeitige Lösung von Lehrverträgen und Ausbildungsabbruch. Problemaufriss und Untersuchung der methodisch-statistischen Grundlagen". Die Veröffentlichung ist zum Preis von Euro 13,90 zu beziehen beim W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Postfach 10 06 33, 33506 Bielefeld, Tel. 0521/911 01-11, Fax: 0521/911 01-19,
E-Mail: service@wbv.de