"Laseroptische Minensuchnadel" soll humanitäre Landminenräumung erleichtern
Die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Wolfgang Schade vom Institut für Physik und Physikalische Technologien der TU Clausthal stellt auf der diesjährigen Hannover Messe (7. - 12. April) in der Halle 18 am Gemeinschaftsstand niedersächsischer Hochschulen eine "Laseroptische Minensuchnadel" vor. Sie beruht auf miniaturisierter Lasertechnologie in Verbindung mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) und ermöglicht die berührungslose online und insitu Klassifizierung von Explosivstoffen. Das Verfahren ist zum Patent angemeldet.
Die laseroptische Minensuchnadel funktioniert wie folgt: Intensive Laserpulse eines miniaturisierten, passiv-gütegeschalteten Nd:YAG Mikrochiplasers zünden auf der Oberfläche der zu untersuchenden Probe ein Plasma. In der Plasmawolke liegen die Elemente in ionisierter Form vor. Nach Abschalten des Laserpulses rekombinieren die Elektronen mit den ionisierten Atomen. Dieser Prozess ist mit der Emission von Licht verbunden. In Abhängigkeit von den jeweiligen Plasmabedingungen erstreckt sich die Lichtemission über einen Zeitbereich von einigen Hundert Nanosekunden. Die Anregung unter Atmosphärenbedingungen ist typischerweise mit der Emission von CN (Cyanid) und Kohlenstoff ( C) Spektrallinien verbunden. Diese Emissionen werden unmittelbar nach dem Laserpuls über Lichtleiter spektral und zeitlich aufgelöst erfasst. Zur Vereinfachung werden bei dem hier entwickelten Verfahren lediglich die Quotienten aus "frühen" und "späten" LIBS-Intensitäten gemessen. Diese Quotienten liefern einen eindeutigen spektroskopischen Fingerabdruck und ermöglichen sowohl die Unterscheidung verschiedener Explosivstoffe als auch die Unterscheidung der Explosivstoffe von Kunststoffen und anderen organischen Materialien. Der Einsatz miniaturisierter Laser- und Fasertechnologien ermöglicht es, das gesamte System in eine typische Miniensuchnadel zu integrieren, so dass ein Minenräumer, der eine derartige "intelligente Minensuchnadel" verwendet, bei dem "Stochern" im Boden die optische Zusatzinformation erhält, ob er auf eine Mine oder nur eine Blechdose gestossen ist. Damit leistet diese Entwicklung einen wichtigen Beitrag zur Verringerung des Risikos und der Fehlalarmrate bei dem humanitären Minensuchen und -räumen.
Die Wissenschaftler arbeiten derzeit daran, die Leistung der verwendeten, miniaturisierten Laserlichtquelle weiter zu optimieren, so dass die "laseroptische Minensuchnadel" auch zum schnellen Durchbohren von Minenhüllen eingesetzt werden kann. Damit ergeben sich grundsätzlich neue Perspektiven für die Bereitstellung eines laseroptischen Verifikationssensors zur Minendetektion, insbesondere in Verbindung mit konventionellen Methoden wie Metalldetektoren und Georadar.
Das Forschungsvorhaben wurde in Zusammenarbeit mit dem Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk-, Explosiv- Betriebsstoffe (WIWEB) der Bundeswehr und der Firma Systektum GmbH aus Flensburg entwickelt.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Wolfgang Schade
Technische Universität Clausthal
Institut für Physik und Physikalische Technologien
Abteilung Angewandte Photonik
Tel. 05323-72-2061
Fax: 05323-72-3600
eMail: wolfgang.schade@tu-clausthal.de
Leibnizstraße 4
38678 Clausthal-Zellerfeld
HINTERGRUNDWISSEN, STICHWORT LANDMINEN:
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen existieren weltweit etwa 60-70 Millionen Minen in über siebzig Ländern; eine Hinterlassenschaft vieler Kriege, durch welche monatlich etwa 2000 Menschen verstümmelt oder getötet werden. Die Räumung der Minen ist extrem gefährlich, derzeit liegt die Rate bei einem Unfall pro 1000 - 2000 Minen. Für das Aufspüren von Minen werden heute in erster Linie Stocherstäbe sowie Metalldetektoren und Spürhunde eingesetzt; allein in Afghanistan würde die Räumung von Minen beim gegenwärtigen Räumfortschritt von etwa 20.000 Minen pro Jahr und geschätzten 10 Millionen verlegten Minen noch etwa 500 Jahre dauern.
Weltweit werden daher Anstrengungen unternommen, die Menschheit von der Geißel der Landminen nun nach deren im Jahr 1997 ausgesprochenen weltweiten Ächtung schneller und mit einer geringeren Fehlalarmrate zu befreien. Hierfür werden u.a. biologische Nachweissysteme, Infrarot- und Mikrowellensensoren und Georardarverfahren eingesetzt.
Weitere Informationen:
http://www.pe.tu-clausthal.de/AGSchade/index.html
http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/vvv/2001/elektrotechnik/10/10.pdf
http://www.unu.edu/unupress/heiberg.html