Immersives Projektionssystem vorgestellt
Für 300.000 Euro wurde im Labor für Robotik und Virtuelle Systeme der FH Aalen ein Immersives Projektionssystem installiert. Diese neuartige Informationstechnologie erlaubt es, in eine dreidimensionale virtuelle Welt einzutauchen. "Damit werden neue Wege der Planung und Fertigung beschritten", erklärte Prof. Dr. Dietmar Schmid bei der Vorführung des Systems. Der Professor im Studiengang Fertigungstechnik wird das Immersive Projektionssystem in der Forschung und Lehre sowie im Technologietransfer und in der Weiterbildung einsetzen.
Wenn man bisher in virtuelle Welten eintauchen wollte, musste man sich klobige Handschuhe überstülpen oder seinen Kopf in den beschränkten Raum eines präparierten Helmes pressen. Wer nicht wie ein Raumfahrer durchs Labor stapfen und sich auf eine Weise bewegen wollte, die einem Außenstehenden merkwürdig erscheinen muss, musste sich mit virtuellen Welten in der Dimension von Computermonitoren begnügen. Das ist fast, als würde man einen Salzstreuer 'Gourmetrestaurant' nennen oder an einem Salzkorn nach einem Garagentor suchen. Cum grano salis versteht sich.
Mit dem Immersiven Projektionssystem hat die virtuelle Welt eine wesentliche Erweiterung erfahren. Auf großflächige Wänden werden von hinten Maschinen und Personen projiziert, mit denen man auf einfache Weise interagieren kann. Eine 3D-Brille auf der Nase und eine ferngesteuerte Maus mit der Form eines magischen Zepters in der Hand, dreht man spielerisch die Objekte nach allen Seiten, betrachtet sie von oben, von unten oder von der Seite - so dass man nach ihnen greifen möchte. Vielleicht haben die Programmierer des Rennwagens ja deshalb auf das Detail des Zündschlüssels verzichtet, damit sich niemand unfreiwillig auf den Boden setzt, in der Absicht, den Boliden aus dem Labor der FH zu steuern. Die virtuelle Welt hat hier von den Miniaturen auf dem Monitor zur Originalgröße gefunden.
Wer schon immer mal wissen wollte, welchen Eindruck man auf andere macht, der kann sich bei Prof. Dr. Schmid mit einer Laserkamera dreidimensional scannen lassen. Fehlende Daten werden von einem Hochleistungsrechner ergänzt und in das Immersive Projektionssystem eingespeist. Besonders eindrucksvoll wird die Begegnung mit dem eigenen Doppelgänger im Roboterlabor der FH dadurch, dass im Immersiven Projektionssystem - zumindest theoretisch - jeder beliebige Hintergrund eingeblendet werden kann. Ich kann mir gewissermaßen aussuchen, ob ich mir in der Disco, im Hörsaal oder am Strand von Mallorca begegnen möchte.
Was so spielerisch klingt, hat natürlich einen tieferen wissenschaftlichen Zweck. Prof. Dr. Schmid setzt das Immersive Projektionssystem für Forschungsaufgaben in der Telerobotik und dem Teleservice sowie der Lehre ein. In die projizierte Simulation einer virtuellen Welt können neben dem Bedienungspersonal noch weitere reale Objekte eingebunden werden. So kann beispielsweise ein realer Roboter in der immersiven Projektion virtuelle Objekte bewegen. Aber auch umgekehrt können virtuell erzeugte Roboter auf ihre Anwendungstauglichkeit in einer realen Umgebung erprobt werden. Die reale Welt wird hier mit praktischem Interesse von der virtuellen ergänzt. Daher spricht man in Wissenschaftskreisen auch von einer 'Augmented Reality'.
Zum Jargon der Wissenschaftler zählt auch der Avatar. Der Begriff für Personen, die in der virtuellen Welt ihr Eigenleben führen, geht auf einen Roman von Neal Stephenson zurück, ist inzwischen aber so selbstverständlich geworden wie 'Chip' oder 'Internet'. Ein Avatar kommt bei Prof. Dr. Schmid beispielsweise dann zum Einsatz, wenn einem Studenten bestimmte, komplexe Handgriffe in der Fertigung beigebracht werden sollen. Der Student kann aus jeder ihm genehmen Perspektive die Bewegungsabläufe des Avatars beobachten und sie sich einprägen. Später wird der Avatar durch den Studenten ersetzt, um virtuell zu überprüfen, ob die Handgriffe auch sitzen.
Das Immersive Projektionssystem sowie der 3D-Digitalisierer wurden auf Empfehlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft angeschafft. Die Kosten von 300.000 Euro brachten das Land und der Bund gemeinsam auf. Einen wesentlichen Grund für diese Förderung sieht Prof. Dr. Schmid darin, dass es im Ostalbkreis eine besonders starke Ausprägung fertigungstechnischer Unternehmen gibt. Sowohl an Zuliefern und Ausrüstern der Automobilindustrie als auch an weiteren Produktionsbranchen. Ebenso ausschlaggebend dürfte aber auch die ausgewiesene Kompetenz der Fachhochschule Aalen sein: Das Verbundprojekt Virtuelles Labor (VVL), dessen Sprecher Prof. Dr. Schmid ist, zählt zu den erfolgreichsten Projekten der "Virtuellen Hochschule Baden-Württemberg". Es wird seit fünf Jahren an sechs Hochschulen gemeinschaftlich betrieben und insgesamt mit über 2,5 Mio. Euro gefördert.
Kontakt:
Prof. Dr. Dietmar Schmid
07361/576-173
dietmar.schmid@fh-aalen.de