Katharina Fricke: Spagat zwischen Leistungssport und Hochschulstudium
Die Universität Heidelberg fördert Athleten, die Spitzensport
und Studium unter einen Hut bringen wollen - Ein Portrait
Die Liebe zum Rudern entdeckte Katharina Fricke,
Leistungssportlerin und Studentin an der Universität Heidelberg,
schon mit 13 Jahren. Den Einstieg in diese Sportart fand sie zwar
noch über eine AG am Heidelberger Kurfürst-Friedrich-Gymnasium.
Doch rasch begann sich Ehrgeiz bemerkbar zu machen, der ihr vor
kurzem eine Medaille bei den U 23-Weltmeisterschaften in Belgrad
einbrachte.
"Natürlich dachte ich am Anfang, als ich 1996 Mitglied beim HRK,
dem Heidelberger Ruderklub wurde, noch nicht an solche Erfolge. Ich
hatte einfach Spaß am Rudern und konnte vielleicht gerade deshalb
meine Leistungen allmählich steigern. Bald nahm ich nicht mehr nur
an Wettbewerben auf Landesebene teil, sondern fuhr auch zu
nationalen Regatten", erklärt die junge Sportlerin, die gerade ihren
20. Geburtstag feierte. Im Jahr 2000 war sie schließlich auf
Bundesebene Jugendmeisterin - der weitere Weg schien
vorgezeichnet zu sein.
"Dann jedoch kam eine kritische Phase", erzählt Katharina Fricke.
"Denn in diesem Alter entscheidet es sich, ob man nun dabei bleibt
und in den Erwachsenensport einsteigt, oder eben nicht. Na ja, ich
habe es einfach versucht - und erstaunlicherweise hat es sogar
geklappt", gibt die gebürtige Heidelbergerin bescheiden zu. Dabei
hängt sie die Mühen, die ein permanentes Training mit sich bringt,
nicht an die große Glocke. Der Lohn der Arbeit ließ indes nicht lange
auf sich warten - im vergangenen Sommer gewann sie im
Frauen-Vierer Gold bei den Meisterschaften in Essen.
Leider jedoch bleibt ihr wenig Zeit, um sich über die Erfolge zu
freuen. Denn mittlerweile studiert die Sportlerin an der
Ruprecht-Karls-Universität Geographie, Physik und Politik, was oft
genug zu terminlichen Spannungen führt. So begann diesen Sommer
das - vom Deutschen Ruder-Verband in Ratzeburg organisierte -
Trainingslager für die Meisterschaften in Belgrad bereits in den
letzten Tagen des Sommersemesters. "Ich musste deshalb die
Dozenten bitten, Klausuren nachschreiben zu dürfen. Das war zwar
zum Glück kein Problem, doch stellte sich trotzdem eine gewisse
Hektik ein. Denn vom Trainingslager flogen wir Ende Juli direkt nach
Belgrad, wo einen Tag später auch schon die ersten Läufe
stattfanden. Das war zeitlich alles sehr komprimiert."
Doch am Ende schaffte es Katharina Fricke ins Finale - und belegte
dort im Einer der Frauen einen beachtlichen dritten Platz hinter China
und der Schweiz. "Das war natürlich ein wunderbares Erlebnis. Doch
so rechte Feierstimmung kam nicht auf, standen doch sofort nach
dem Rückflug die Klausuren an. Hoffentlich habe ich nach der Saison
ein wenig Zeit, um mich über die Medaille zu freuen. Im Moment
blicke ich nämlich eher nach vorne als zurück."
Das muss sie wohl auch, denn Stillstand ist gerade im Leistungssport
immer auch Rückschritt. Dass hierdurch mitunter enorme
Belastungen entstehen, liegt auf der Hand. "Am meisten macht mir
das brutale Umschalten zwischen dem Sport und der Kopfarbeit an
der Uni zu schaffen", gibt die Medaillenträgerin von Belgrad
unumwunden zu. Indes wird sich daran zumindest in den nächsten
Wochen nichts ändern, fährt sie doch schon in den kommenden
Tagen zur "offiziellen" WM nach Mailand.
Zwar wird sie dort als "Ersatzfrau" wahrscheinlich nicht an den
Wettbewerben teilnehmen. Doch sollte im Frauen-Doppel-Vierer eine
Sportlerin ausfallen, könnte Katharina Fricke schon bald um die
nächste Medaille kämpfen. Natürlich wünscht sie - auch wenn sie
davon profitieren würde - niemandem ein solches Malheur. "Ich lasse
das einfach auf mich zukommen, und denke und plane immer von
Jahr zu Jahr. Momentan wäre ich schon damit zufrieden, über den
Winter ein gutes Training absolvieren zu können, um vielleicht 2004
nicht als Ersatzfrau, sondern in der Stammbesetzung zu
internationalen Wettbewerben zu fahren. Und danach - wer weiß?"
Das Studium soll bei all den sportlichen Erfolgen natürlich auch nicht
zu kurz kommen, denn auch die längste Ruderer-Karriere währt nicht
ewig. Dabei drängt sich sofort die Frage auf, wie sich die
Doppelbelastung in den Griff bekommen lässt. Diese Antwort fällt
Katharina Fricke indes leicht, und lachend verrät sie ihr Geheimnis,
Sport und Studium unter einen Hut zu bringen: "Das geht nur mit guter
Planung - eine ordentliche Organisation ist das A und O! Allerdings
unterscheidet sich die Ruderei auch gar nicht so sehr vom Alltag an
der Uni. In beiden Bereichen braucht man ja Disziplin, um sich über
Wochen oder Monate auf eine Prüfung oder ein Rennen
vorzubereiten. Wenn es dann aber soweit ist, muss alles passen. Im
Wettkampf und in der Klausur muss ich dann genau das umsetzen
und auf einen Punkt bringen können, was ich trainiert oder gelernt
habe."
Letzten Endes ist Katharina Fricke bereit, den Preis der
Doppelbelastung zu zahlen. Sie denkt sogar schon daran, dem
Diplom in Geographie eine Promotion folgen zu lassen. "So ein
'Doppelleben' ist übrigens gar nicht so unüblich unter den Ruderern.
So gut wie alle studieren neben dem Sport oder machen eine
Ausbildung. Da ist es dann ganz normal, dass man seine Unterlagen
mit ins Trainingslager nimmt, um für die nächste Klausur zu lernen.
Natürlich ist das oft der pure Stress. Aber ich finde, dass sich die
Mühe lohnt. Denn wenn man richtig dabei ist, nimmt man gerne in
Kauf, dass es zuweilen hart zugeht." Der Ehrgeiz, der sich nach dem
Eintritt in die Schul-AG bemerkbar machte, ist also noch längst nicht
aufgebraucht. Und deshalb dürfte auch die in Belgrad errungene
Medaille sicherlich nicht die letzte in der Karriere der Katharina
Fricke gewesen sein.
Heiko P. Wacker