Durchs Ofenfenster beim Brennen zusehen
Bremsscheiben neuster Art bestehen ebenso aus technischen Keramiken wie die altbekannten Isolatoren an Strommasten. Wie lassen sich die Herstellungsprozesse und die Werkstoffe selbst in ihren Eigenschaften verbessern? Dank des neuen thermooptischen Messgeräts TOM.
Jedes Kind weiß, dass Kohle brennbar ist. Und Bremsscheiben? - Zumal wenn sie wie in Formel-1-Rennwagen und einigen Topmodellen von Porsche und Mercedes aus Siliciumcarbid bestehen, das mit Kohlenstofffasern verstärkt ist? Hochleistungkeramiken wie diese werden wegen ihrer überlegenen Bremseigenschaften bald auch in mittelprächtigen Autos eingesetzt. Rasante Passfahrten können sie ebenso wie ihre metallischen Verwandten in Rotglut versetzen. In Lastwagen müssen sie die Bewegungsenergie einer tonnenschweren Fracht in Wärme umwandeln. Um zu verhindern, dass Luftsauerstoff die heißen Scheiben zu sehr angreift, werden bei der Planung der Werkstoffeigenschaften etliche Untersuchungen fällig: Wie verhält sich das Material bei verschiedenen Temperaturen und wie schnell oxidiert es dabei? Schwindet oder verzieht es sich?
All solche Fragen können mit einem Laborgerät untersucht werden, das Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC zur Serienreife entwickelt haben. "Bereits der kleine TOMMI konnte als erstes Gerät berührungslos bei Sinter- oder Schmelzvorgängen zusehen", erklärt Geschäftsfeldleiter Dr. Friedrich Raether. "Dies ist wichtig, um den Keramik- oder Glasrohling nicht zu beeinflussen. Schließlich müssen wir die Formänderungen mancher Proben sehr präzise und zeitaufgelöst vermessen - bis auf zwei Mikrometer genau." Gleichzeitig werden weitere Größen wie Kriecheigenschaften des Materials oder das Gewicht des Körpers erfasst. Beim neueren und größeren Bruder TOM II können die Forscher vollständige thermooptische Messungen an bis zu vier Zentimeter großen Körpern durchführen. Zudem ist der Wärmeübergang zwischen Probe und Brennraum messbar und die Gaszusammensetzung variierbar. So können Brennerabgase wie im realen Ofenbetrieb imitiert werden.
Mit den gewonnenen physikalischen und technischen Kenngrößen des Werkstoffs füttern die Forscher Simulationsprogramme und optimieren schließlich das Verfahren. "So unterschiedliche Keramiken wie Isolatoren für Hochspannungsleitungen oder Sockel für Glühbirnen, aber auch Brücken und Kronen für die Dentaltechnik oder Bauteile für die Mikroelektronik haben wir mit der neuen Anlage bereits untersucht", erzählt Raether. "Gerade bei solchen Massenartikeln gibt es eine ganz handfeste wirtschaftliche Frage: Kann der Ofen bei gleichen Produkteigenschaften bereits nach 80 Prozent der bisher üblichen Zeit ausgeräumt und neu beschickt werden?" Nebenbei spart dies viel Heizenergie, was bei Brenntemperaturen bis 2 000 °C einleuchtet.
Ansprechpartner:
Dr. Friedrich Raether
Telefon 09 31 / 41 00-2 00, Fax -2 99, raether@isc.fraunhofer.de
Andreas Klimera
Telefon 09 31 / 41 00-2 34, klimera@isc.fraunhofer.de
Weitere Informationen:
http://www.sinteropt.de
http://www.fraunhofer.de/mediendienst
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