Finanzieller "Analphabetismus" gefährdet individuelle Vorsorge
Studie der Bertelsmann Stiftung: Besserverdiener halten Sparbücher für riskanter als Aktien. Die Deutschen wissen wenig über Finanzen und Finanzprodukte. Diese Unkenntnis gefährdet die eigenverantwortliche Vorsorge der Bundesbürger. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung.
Der Untersuchung zufolge sind die Deutschen nur schlecht über grundlegende Merkmale von Vorsorge- und Anlageprodukten wie Risiko, Rendite und Kosten informiert. So weiß nur jeder Zweite, dass Aktien langfristig die höchste Rendite erbringen. Jeder Vierte hält Aktien für eine besonders sichere Geldanlage gegen Wertverlust. Besserverdiener nennen Aktien sogar anderthalb mal so häufig wie Sparbücher als besonders sichere Anlageform. Auch ist nur zwei von drei Befragten bewusst, dass bei einer Kündigung von Kapitallebensversicherungen zu Beginn der Vertragslaufzeit verglichen mit anderen Anlageformen die höchsten Kündigungskosten entstehen.
Diese Wissensdefizite gefährden die individuelle Vorsorge. Finanzielle "Analphabeten" empfinden einfache Finanzfragen als besonders schwer und fühlen sich bei finanziellen Entscheidungen besonders unsicher. In der Folge beschäftigen sie sich vergleichsweise ungern mit Finanzen, nehmen sich selten Zeit für finanzielle Angelegenheiten und schieben finanzielle Entscheidungen vor sich her. Vor diesem Hintergrund fehlen nach Ansicht der Bertelsmann Stif-tung ausreichende begleitende Maßnahmen zu den jüngsten Sozialreformen. Wenn die Politik dem Bürger eine stärkere Eigenverantwortung zuschreibe, müsse sie gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung schaffen: Jeder Bürger müsse in die Lage versetzt werden, die vermehrte Eigenverantwortung als mündiger Verbraucher sinnvoll zu nutzen.
Um dies zu erreichen, empfiehlt die Bertelsmann Stiftung eine "Doppelstrategie": Auf der einen Seite soll das Angebot an Vorsorgeprodukten transparenter werden, auf der anderen Seite sollen die Bürger im Bereich Finanzen besser ausgebildet werden. Nur so könnten sich finanzielle Analphabeten zu mündigen Verbrauchern entwickeln. "Damit entsteht eine Situation, bei der alle gewinnen", so Johannes Leinert von der Bertelsmann Stiftung. "Die Verbraucher gewinnen, weil es ihnen erleichtert wird, die passenden Vorsorgeprodukte zu wählen. Versicherungen und Banken gewinnen, weil sie beim Verkauf ihrer Vorsorgeprodukte weniger kostenintensive Beratungszeit investieren müssen. Sie müssen den Verbrauchern die Grundlagen nicht mehr erklären."
Die Studie "Finanzieller Analphabetismus: Schlechte Voraussetzungen für eigenverantwortliche Vorsorge" wird in der März/April-Ausgabe der Zeitschrift "Gesundheits- und Sozialpolitik" veröffentlicht.
Über die Bertelsmann Stiftung:
Die Bertelsmann Stiftung versteht sich als Förderin des Wandels für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Sie will Reformen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung voranbringen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. In ihrer Projektarbeit ist die Stiftung unabhängig vom Unternehmen und parteipolitisch neutral.
Rückfragen an: Johannes Leinert, Tel. 05241/ 81- 81 273
Eine vorläufige Version der Studie "Finanzieller Analphabetismus: Schlechte Voraussetzungen für eigenverantwortliche Vorsorge" finden Sie unter
www.vorsorgestudien.de
im Kasten "Daten undFakten zur Altersvorsorge in Deutschland"
Weitere Informationen:
http://www.vorsorgestudien.de
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