Die Glasdecke durchbrechen - Sammelband über Frauen in juristischen Berufen
Einen umfassenden Sammelband zum Thema "Women in the WorldŽs Legal Professions" (Frauen in juristischen Berufen weltweit) hat Ulrike Schultz, Juristin an der FernUniversität, mit herausgegeben. Zweite Herausgeberin des Bandes ist die britische Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Gisela Shaw. Der Band, der die Situation der Juristinnen in zahlreichen Ländern der westlichen Welt vergleichend erfasst, ist das Ergebnis eines langjährigen internationalen Forschungsprojekts der "Women in the Legal Profession Group" (Arbeitsgruppe Juristinnen). Ulrike Schultz ist Leiterin dieser interdisziplinären Gruppierung, die zur internationalen rechtssoziologischen "Legal Profession Group" (Forschungsgruppe juristische Berufe) gehört.
Ziel der 1994 gegründeten Gruppe war es, die Situation der Juristinnen international vergleichend zu untersuchen. Aus den Workshops und Treffen der Gruppe gingen insgesamt 26 Beiträge über die Situation von Juristinnen in Anwaltschaft, Justiz, Juristenausbildung und anderen juristischen Berufsfeldern in 16 Staaten in den Sammelband ein. Außerdem wurden die Entwicklungen im Kontext feministischer und soziologischer Theoriebildungen bewertet.
Im Vergleich der Ergebnisse zeigen sich eine Reihe von Ähnlichkeiten, aber auch deutliche nationale Unterschiede. In den einzelnen Staaten wurden Juristinnen zur Anwaltschaft jeweils um die Jahrhundertwende bis etwa 1920 zugelassen. Wie schnell sie sich dann einen Platz in den juristischen Berufen eroberten und wie stark sie sich etablieren konnten, war jedoch sehr unterschiedlich. In Deutschland wurden Frauen zur Justiz ab 1922 zugelassen, in Frankreich erst nach dem Zweiten Weltkrieg, in England, Australien und Italien sogar erst in den 1960er Jahren. Auffällige Unterschiede bestehen auch in den Vorstellungen von Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Während in Finnland Juristinnen bereits seit Jahrzehnten selbst mit Kindern Vollzeit arbeiten, ist dies beispielsweise in den Niederlanden bis heute unüblich. Die "Glasdecke", die den Aufstieg von Frauen in wirklich prestigeträchtige Ränge erschwert, gibt es jedoch in allen Ländern. Auch wenn der Frauenanteil im Jurastudium in verschiedenen Ländern mittlerweile die 50%-Marke überschritten und in den juristischen Berufen erheblich zugenommen hat, sind nach wie vor Benachteiligungsmechanismen am Werk. Insbesondere in der Anwaltschaft ist der Konkurrenzkampf für Frauen besonders hart, und es klaffen erhebliche Einkommensdifferenzen zwischen den Geschlechtern.
Fraglich ist, wie die Entwicklung weiter geht: Der öffentliche Dienst wird tendenziell abgebaut. Juristinnen bemühen sich daher zunehmend um Berufschancen außerhalb von Justiz und Verwaltung - wie auch außerhalb der Anwaltschaft.
Schultz, Ulrike und Gisela Shaw: Women in the WorldŽs Legal Professions. Oxford: Hart 2003
Weitere Informationen: FernUniversität in Hagen, Ulrike Schultz, Tel. 02331/987-4215, Ulrike.Schultz@FernUniversität-Hagen.de