Friseurin, Floristin, Filmvorführer ... Tarifliche Niedriglöhne in West und Ost
Auch in Branchen mit gültigen Tarifverträgen gibt es ausgesprochene Niedriglöhne mit einer tariflichen Grundvergütung zwischen knapp vier und zehn Euro pro Stunde. Betroffen sind davon in West- wie Ostdeutschland vor allem Dienstleistungsberufe mit einem hohen Frauenanteil.
Darauf hat das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung heute in Düsseldorf aufmerksam gemacht. "Wer glaubt, dass allein durch Tarifverträge ein ausreichendes und sozial akzeptables Einkommensniveau gesichert werden kann, kennt die Tarifverträge nicht", sagte der WSI-Tarif-experte Reinhard Bispinck. Eine unvoreingenommene Diskussion über Mindestlöhne müsse diese Tatsache berücksichtigen. Nach Auffassung des WSI wäre schon viel gewonnen, wenn die tariflichen Grundvergütungen allgemeinverbindlich für alle Betriebe und Beschäftigten gelten würden. Eine generelle Beseitigung von Niedriglöhnen wäre damit jedoch noch nicht erreicht.
Eine Übersicht des WSI-Tarifarchivs über aktuelle tarifliche Grundvergütungen enthält folgende Beispiele:
- Eine Friseurmeisterin in Sachsen, die für bis zu 10 ArbeitnehmerInnen verantwortlich ist, erhält eine Stundenvergütung von 5,59 Euro, in Rheinland-Pfalz bekommt eine "Erste Kraft" in dieser Branche immerhin 8,19 Euro.
- Ein Wachmann im Veranstaltungsdienst im schleswig-holsteinischen Bewachungsgewerbe hat einen tariflichen Stundenlohn von 5,60 Euro, sein Kollege aus Thüringen bekommt 4,32 Euro.
- Ein Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft Rheinland-Nassau hat tariflich Anspruch auf 4,68 Euro, in Sachsen beträgt der Stundenlohn für diese Tätigkeit 5,22 Euro.
- Eine Floristin in Westdeutschland verdient im 3. Jahr tariflich 7,66 Euro in der Stunde, ihre Kollegin in Sachsen-Anhalt bekommt mit 5,33 Euro noch deutlich weniger.
- Ein gelernter Konditor in Hamburg verdient im 1. Jahr 7,87 Euro, sein Kollege in Brandenburg erhält 7,68 Euro.
- Eine Gebäudeinnenreinigerin in NRW hat im Ecklohn B Anspruch auf eine Tarifvergütung von 8,17 Euro, in Sachsen-Anhalt gibt es für dieselbe Tätigkeit 5,79 Euro.
- Ein Filmvorführer mit bis zu 3 Berufsjahren bekommt in den alten und neuen Bundesländern in der obersten Ortsklasse 8,17 Euro.
- Eine Verkäuferin im Einzelhandel in Niedersachsen bekommt im 2. Berufsjahr 8,44 Euro, in Mecklenburg-Vorpommern sind es 8,27 Euro.
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http://www.tarifvertrag.de