"Ethik der Journalistischen Berichterstattung"
Hans Leyendecker spricht zur Ringvorlesung am 18.Mai
Wie müssen Medien beschaffen sein, damit sie unter moralischen Gesichtspunkten als legitim gelten können? Gibt es eine ethische Verantwortung von Journalisten? Welche Standards gibt es für die Berichterstattung? Das sind Fragen, mit denen sich der renommierter Journalist Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung in der nächsten Ringvorlesung am Dienstag, dem 18. Mai 2004 auseinandersetzen wird. Der Vortrag trägt den Titel "Ethik der Journalistischen Berichterstattung" und beginnt um 18.00 Uhr in der Michaeliskirche (Universitätskirche). Mit Beispielen aus der aktuellen Berichterstattung wird Leyendecker seine Thesen untermauern und sich z.B. mit der "zunehmenden Boulevardisierung der Nachrichten" beschäftigen. Das Verhältnis von Politik und Medien wird ein weiterer Punkt von Leyendeckers Vortrag sein. Keiner der großen politischen Skandale der Nachkriegszeit sei mit Hilfe eines Parlaments ans Licht gekommen, stellt er fest. Deswegen benötige man engagierten aufklärerischen Journalismus, ist Leyendecker überzeugt.
Mit dem Feld der Politik ist Leyendecker bestens vertraut. Für den Spiegel war er jahrelang Korrespondent in Düsseldorf und Leiter des Bonner Redaktionsbüros, bevor er als Ressortleiter für besondere Aufgaben nach Hamburg ging. Seit 1997 arbeitet Hans Leyendecker für die "Süddeutsche Zeitung". Hans Leyendecker, Jahrgang 1949, zählt zu den besten investigativen Journalisten in Deutschland. Während seiner Laufbahn, die er bei der "Westfälischen Rundschau" in Dortmund begann, hat er sich vor allem mit den Schattenseiten der politischen Landschaft beschäftigt und zahlreiche Skandale aufgedeckt. Auf ihn geht schon die Enthüllung der ersten Parteispendenaffäre - kurz Flick-Affäre - zurück. Er hat dubiose Geschäfte des BND recherchiert und den Steuerskandal um Vater Graf zurückverfolgt.
Die achte Ringvorlesung der Universität beschäftigt sich im Sommersemester mit dem Thema "Ethik in der Krise - Ethik für die Krise". Ethiker sind derzeit bei den Diskussionen um das Lebenspartnerschaftsgesetz, Stammzellen oder aktive Sterbehilfe gefragt. Mit der großen Nachfrage nach Ethik, die sich auch in der Einsetzung von Enquete-Kommissionen oder nationalen Ethikräten widerspiegelt, ist auch eine große Unsicherheit verbunden. Immer wieder macht die Gesellschaft die Erfahrung, dass die Ethik als wissenschaftliche Reflexion moralischer Überzeugungen selbst Teil der Unsicherheiten ist, also - wenn man so will - der krisenhaften Phänomene der Gegenwart. Die Vorlesung in diesem Sommersemester ist der Überzeugung, dass die ethische Reflexion einen Dienst anzubieten hat, den die Gesellschaft braucht. Sie hat den Mut, einen Blick in die Werkstatt zur eröffnen, die die wissenschaftliche ethische Reflexion gegenwärtig darstellt. Dieser Blick soll zeigen, welche Chancen ethische "Beratung" aus den Reihen der Wissenschaft für die gegenwärtige Gesellschaft in ihrer Orientierungssuche bietet. Es ist Ethik für die Krise, also ein Nachdenken über die Ressourcen der moralischen Überzeugungen, die Halt geben, den Herausforderungen der Gegenwart standzuhalten und nach menschlichen Lösungen Ausschau zu halten für die kommende Entwicklung.
Die gemeinsam mit der Fachhochschule, mit Unterstützung der Sparkassenfinanzgruppe und der Universitätsgesellschaft Erfurt e.V. veranstaltete und von der Thüringischen Landeszeitung präsentierte populäre Reihe bietet jeweils dienstags (Beginn 18.00 Uhr in der Michaeliskirche/Universitätskirche) in insgesamt 13 Veranstaltungen Vorträge von Professoren verschiedener deutscher Universitäten.
Nächster Termin in der Reihe: 25.5.2004, 18.00 Uhr, Michaeliskirche, "Stehen Ökonomik und Ethik im Widerspruch?"
Prof. Dr. Ingo Pies,