Kinderbetreuung - bedarfsorientiert und innovativ
Fachtagung am Institut Arbeit und Technik diskutiert Handlungsbedarf für Politik, Kommunen und Wirtschaft
Der Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten für berufstätige Mütter macht Fortschritte, es besteht aber noch enormer Handlungsbedarf: nicht nur fehlt es an Lösungsmöglichkeiten für "Randzeiten", wenn Mütter z.B. am Abend oder Wochenende arbeiten; das bestehende Angebot könnte durch organisierte Vernetzung "vor Ort" und die Einbindung von Betrieben besser ausgeschöpft werden. "Es gilt, die im Land bestehenden Möglichkeiten offensiv und kreativ umzusetzen", so die IAT-Forschungsdirektorin Dr. Sybille Stöbe-Blossey heute (3. Juni) auf der Fachtagung "Wir werden das Kind schon schaukeln - Arbeitsmarkt- und Kinderbetreuungspolitik für das 21. Jahrhundert" am Institut Arbeit und Technik im Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen, Gelsenkirchen. Ca. 90 Fachleute aus Wissenschaft und Praxis diskutierten über Bedarf, Konzepte und Umsetzung innovativer Kinderbetreuung. Veranstalter der Fachtagung waren neben dem IAT die Stadt Gelsenkirchen/Kom-munalstelle Frau und Beruf und der Projektverbund ALLE.
Wie eine aktuelle repräsentative Studie des Instituts Arbeit und Technik zeigt, ist gut die Hälfte der Mütter von Kindern im Alter unter 14 Jahren erwerbstätig. Für die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Untersuchung wurden über 1.200 Mütter mit Kindern unter 14 Jahren nach ihren Arbeitszeiten, ihrer Kinderbetreuungslösung und ihren Wünschen telefonisch befragt. Lediglich 12 Prozent der Frauen entscheiden sich grundsätzlich gegen eine Erwerbstätigkeit, weil sie ihre Kinder selbst betreuen wollen. Fast 90 Prozent wollen berufstätig sein.
"Zahlreiche Frauen arbeiten zumindest teilweise zu Zeiten, die außerhalb der normalen Betreuungszeiten in Tageseinrichtungen für Kinder liegen", stellt Dr. Sybille Stöbe-Blossey fest, Leiterin des IAT-Forschungsschwerpunkts "Bildung und Erziehung im Strukturwandel". Über die Hälfte arbeitet zumindest zeitweise am späten Nachmittag (zwischen 16.30 Uhr und 19.00 Uhr), ein Drittel am Abend (zwischen 19.00 Uhr und 22.00 Uhr), ein Sechstel nachts und ein gutes Viertel am frühen Morgen (vor 7.30 Uhr). Auch die Arbeit an Wochenenden ist weit verbreitet: Die Hälfte der Frauen arbeitet samstags, ein knappes Drittel sonntags.
Flexible Betreuungslösungen sind gefragt mit kombinierten Angeboten "aus einer Hand": z.B. wohnortnahe Betreuung in Standardeinrichtungen, dazu "Schwerpunktgruppen" in einzelnen Einrichtungen am Spätnachmittag/ frühen Abend verbunden mit Fahrdienst sowie ein Tagesmütterdienst für speziellen Bedarf.
Eine sichere, bedarfsgerechte Kinderbetreuung entlastet nicht nur die berufstätigen Mütter vom stressigen "Betreuungspatchwork" verschiedener Lösungen - Oma, Kindergarten, Tagesmutter, Nachbarin - , auch für die Unternehmen rechnet es sich, wenn sie für Mitarbeiter mit kleinen Kindern Betreuungsangebote bieten und so einen Mitarbeiterwechsel, Arbeitsausfall oder Ablenkung der Eltern durch Sorge um die Betreuung ihrer Kinder vermeiden können. Rund 33.560 Euro an Kosten kann der Arbeitgeber in fünf Jahren so vermeiden. Dazu kommen für die Unternehmen die erhöhte Mitarbeitermotivation und flexibler Arbeitseinsatz, die "unbezahlbar" sind, berichtete Svenja Galle von der Berliner Agentur Leipziger & Partner, die das im Rahmen der Europäischen Gemeinschaftsinitiative Equal entwickelte Modell "Betriebsnahe Kinderbetreuung für KMU" vorstellte, mit dem Netzwerke von Unternehmen bundesweit betriebsnahe, flexible Kinderbetreuung praxisnah und effektiv organisieren können.
In den Workshops der Tagung ging es dann um die Organisation und praktische Umsetzung von Kinderbetreuung im Kindergarten- und Grundschulbereich. Ein Schwerpunkt der Diskussionen bildete die pädagogische Qualitätssicherung einer bedarfsorientierten Kinderbetreuung. "Das IAT wird sich zukünftig insbesondere bei der Entwicklung und Erprobung von Qualitätskonzepten einer bedarfsorientierten Kinderbetreuung engagieren, weil in diesem Bereich ein enormer Handlungsbedarf besteht" so die IAT-Forschungsdirektorin Dr. Sybille Stöbe-Blossey.
Weitere Konzepte zur flexiblen Kinderbetreuung, z.B. für Beschäftigte im Gesundheitswesen, sowie Praxisbeispiele "Auf dem Weg zur Ganztagsgrundschule" wurden auf der Fachtagung vorgestellt und diskutiert. Eine Podiumsdiskussion "Quo vadis Kinderbetreuung" mit Vertretern aus Wissenschaft, Politik, Arbeit und Wirtschaft erörterte den Handlungsbedarf speziell für das Ruhrgebiet.
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