Fasern aus Vulkangestein verderben Schiffsbohrwurm den Appetit
Schiffsbohrer haben mächtigen Appetit auf Holz, und sie sind enorm produktiv. So entstehen allein in Nord- und Ostsee jährlich Millionenschäden. KDS, ein Unternehmen nahe der niederländischen Grenze, und das Forschungszentrum Terramare in Wilhelmshaven haben Versuche durchgeführt, die zeigen, wie man den maritimen Holzschädlingen den Appetit verderben kann.
Der Schiffsbohrwurm ist ein gefräßiges Tier mit mächtigem Appetit auf Holz: Hölzerne Schiffe, Hafenanlagen oder etwa Schutzbauwerke fallen ihm immer wieder zum Opfer. So entstehen allein in Nord- und Ostsee jährlich Millionenschäden. Versuche der Firma KDS, Handelsunternehmen für Spezialfasern und Consulting aus Neuenhaus bei Nordhorn, unternommen zusammen mit dem Wilhelmshavener Forschungszentrum TERRAMARE zeigen, wie dem wurmartigen Tier(1), das eigentlich eine Muschel ist, gründlich der Appetit zu verderben ist.
Früher verwendete man Kreosot-Schutzanstriche oder man benagelte die mit Meerwasser in Kontakt stehenden Hölzer mit Kupfernägeln oder -platten. Heute ist der Anstrich mit dem stark rauchartig riechenden gelben Öl ebenso wie viele andere - giftbasierte - Schutzmaßnahmen unter Umweltgesichtspunkten nicht mehr praktikabel. Auch harte Tropenhölzer, selbst die aus nachhaltiger Forstwirtschaft, sind aus Kostengründen zumeist keine Alternative.
Alternativen aber sind gesucht. Spezielle Gewebe aus sogenannten basaltischen Fasern etwa könnten in Zukunft umweltverträgliche Abhilfe schaffen. - Basalt ist ein Vulkangestein, das üblicherweise weit mehr als ein Drittel der aus Vulkanen ausgetretenen Schmelzen ausmacht. Industriell geschmolzen läßt sich daraus ein Hitech-Fasermaterial gewinnen, mit dem man, auf spezielle Weise verwoben, Planken überziehen und Balken umwickeln kann.
Die Ergebnisse der Versuche, die am Terminal der Nordwest Oelleitungsgesellschaft und im Nassauhafen in Wilhelmshaven durchgeführt wurden, sind eindeutig: Die basaltischen Fasern bieten einen effektiven Schutz vor dem Schiffsbohrwurm. Ungeschützte Kontrollhölzer zeigten extremen Befall, an faserumhüllten Balken dagegen wurde nicht ein einziger Bohrwurm gefunden.
"Dies ist ein vielversprechender Ansatz, um Holzbauwerke im Meer langfristig und ohne Belastung der Umwelt zu schützen. In diesem Jahr werden wir weitere Versuche durchführen, auch um die mechanische Festigkeit der basaltischen Gewebe zu testen," so Prof. Dr. Gerd Liebezeit, Leiter des Forschungszentrums TERRAMARE.
Inzwischen ist das Verfahren patentiert und auch andere Unterwasserstrukturen könnten mit dem Gewebe aus Vulkanmineralfasern geschützt werden. So etwa die dem Wasser ausgesetzten Bereiche von Bojen. Diese müssen bislang regelmäßig geborgen und von massivem Bewuchs mühsam befreit werden. Zwar setzen sich auch auf dem Fasermaterial Seepocken und anderes Meeresgetier ab. Dies geschieht jedoch in geringerem Umfang, nur wenig Muschel- und Algenbewuchs werden beobachtet. Zudem läßt sich der Bewuchs von dem Fasermaterial mechanisch leicht entfernen. Auf den Einsatz sogenannter Antifoulinganstriche mit der üblicherweise von ihnen entfalteten Giftwirkung auf Meeresorganismen könnte so verzichtet werden.
Kontakt:
Prof. Dr. Gerd Liebezeit
Forschungszentrum TERRAMARE
Schleusenstraße 1
26382 Wilhelmshaven
Tel.: 04421 - 944 100
Fax: 04421 - 944 199
E-Mail: gerd.liebezeit@terramare.de
Klaus Sakrowski
KDS, Handelsunternehmen f.
Spezialfasern u. Consulting
49828 Neuenhaus
Tel.: 05921 - 32481
E-Mail: KSakrowski@aol.com
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(1) Der Schiffsbohrwurm (Teredo navalis), auch - richtiger - als Schiffsbohrmuschel bezeichnet, erreicht erwachsen eine Länge von etwa 45 Zentimetern. Der Norwegische Schiffsbohrer, eine verwandte Art, kann sogar einen Meter lang werden. Ähneln die jungen Tiere noch einer typischen Muschel, verlängert sich der Körper zum Erwachsenenalter hin immer mehr. Während er sich, auf einem saugnapfartigen Fuß festsitzend, im vorderen Bereich hin- und herdreht, fungieren die auf dem Vorderende aufsitzenden Schalenklappen als Fräse. Die abgeraspelten Holzstückchen verdauen die Muscheln in speziellen Ausstülpungen des Mitteldarms mit Hilfe des Enzyms Zellulase, daß sie - anders als die meisten Tiere, die Pflanzenmaterial verwerten - selber herstellen können (Kühe, aber auch Termiten z.B. sind auf die Mithilfe von Bakterien angewiesen). Teredo ist enorm produktiv: Ein Weibchen erzeugt drei bis viermal im Jahr bis zu fünf Millionen Eier. Und es betreibt Brutpflege - im Kiemenraum entwickeln sich die Larven. Nach knapp drei Monaten sind die Tiere geschlechtsreif.
Der Schiffsbohrwurm benötigt bestimmte Salzgehalte im Wasser. Bootseigner verlegten ihre Holzboote daher früher für mehrere Wochen in Süßgewässer. - Seit Anfang der 90er Jahre wird auch in der Ostsee anhaltendes Massenauftreten des Schiffsbohrers beobachtet. An der mecklenburgischen und vorpommerschen Küste trat er damit zum ersten Mal seit etwa 60 Jahren wieder in Massen auf. Verantwortlich gemacht werden dafür ein gestiegener Salzgehalt und, mit zunehmender Sauberkeit der Gewässer, eine verbesserte Sauerstoffverfügbarkeit.
Weitere Informationen:
http://www.terramare.de