Lärmforscher der Uni Bremen fordern: bessere Raumakustik in Schulen
20. April ist der Internationale Tag gegen den Lärm
Lärm ist ein wesentlicher Stressfaktor an unseren Schulen. Wissenschaftler vom Institut für interdiszi-plinäre Schulforschung (IFS) im Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen sind bundesweit Spezialisten für Raumakustik von Klassenzimmern. Ihr Plädoyer zum Tag gegen den Lärm am 20. April 2005: Die Raumakustik in Klassenräumen muss deutlich verbessert werden. Dann ist besserer Unterricht möglich. Neben schallabsorbierenden Decken können auch pädagogische Maßnahmen den Lärmpegel in Klassen deutlich verringern. Das belegen Versuche an vier Schulen im Land Bremen und einer in Nordrhein-Westfalen.
Lärm ist ein generelles Problem in Bildungsstätten. Vier von fünf Lehrern fühlen sich durch den von Schülern verursachten Lärm belastet. Die Unterrichtsstunden beginnen und enden meist laut. Schall-pegel unter 50 Dezibel (A) - empfohlen für geistige Arbeit - werden zumeist nur während der Stillarbeit erreicht. Für Schulen gibt es dafür keinerlei Normen. In anderen Arbeitsphasen kommt es zu Schall-pegeln um die 75 Dezibel (A), im Sport 85 Dezibel(A) mit Spitzen bis zu 110 dB(A). Arbeitswissen-schaftler setzen als Obergrenze für geistige Arbeit in Büros einen Geräuschpegel von maximal 55 dB (A). Andernfalls - und das ist leider die schulische Normalität - leiden Kommunikation, Konzentration und letztlich die Lernerfolge. Durch Verhaltenstraining bereits bei den Schulanfängern lassen sich allerdings die Schallpegel während des Unterrichts spürbar senken. Später durchgeführte Maßnah-men sind deutlich weniger effektiv.
Versuche der Bremer Wissenschaftler Professor Georg Schönwälder, Gerhart Tiesler und Frauke Ströver zeigen: Eine bessere Raumakustik wirkt sich positiv auf den Schallpegel aus, und zwar in zweifacher Hinsicht: einmal durch die tatsächliche Schallabsorption; darüber hinaus auch durch den Effekt, dass eine geringere Lautstärke bei den Schülern ein leiseres Verhalten "provoziert". Denn eine schlechte Raumakustik verschlechtert auch die Sprachverständlichkeit. Schlechtes Verstehen führt zu größerer Unruhe, die durch lauteres Reden überwunden werden muss. Lauteres Reden bedingt je-doch nicht zwangsläufig besseres Verstehen. Zu berücksichtigen ist auch die hohe Stimmbelastung bei Lehrern und Schülern unter schlechten akustischen Klassenraumbedingungen. Durch Ausschal-tung dieses psychologischen Effektes sank in mit Schallschutzdecken umgerüsteten Modell-Klassenräumen der Schallpegel nicht nur um die erwarteten drei Dezibel, sondern um bis zu neun Dezibel. Ingesamt zeigte sich, dass schalltechnische, pädagogische und organisatorische Maßnah-men den Lärm in Bildungsstätten nachhaltig verringern. Dadurch verbessert sich die Qualität des Un-terrichts bei gleichzeitig geringerer gesundheitlicher Belastung der Lehrer. Es lässt sich etwas tun, es muss nur daran gedacht werden. Der "Tag gegen den Lärm" am 20. April sollte uns alle daran erin-nern. Die Ergebnisse zukünftiger PISA-Studien werden es danken.
Weitere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften
Institut für interdisziplinäre Schulforschung(ISF)
Dipl.Ing. Gerhart Tiesler
Tel. 0421 218 2900
Fax 0421 218 9253
Email: tiesler@uni-bremen.de
Weitere Informationen:
http://www.ISF.uni-bremen.de
Die semantisch ähnlichsten Pressemitteilungen im idw
