Preispolitik: Wo liegt die Schmerzgrenze der Käufer?
Hohenheimer Nachwuchswissenschaftlerin verfasst preisgekrönte Studie
Ein niedriger Preis macht ein Produkt attraktiv für den Käufer, ein hoher verspricht dem Hersteller bessere Gewinne. Mit welcher Methode ein Hersteller die Schmerzgrenze seiner Kunden am besten auslotet, ermittelt eine Untersuchung der Hohenheimer Nachwuchswissenschaftlerin Susanne Stingel am Lehrstuhl für Marketing der Universität Hohenheim. Auf einer Gala-Veranstaltung in Berlin wird Stingels Arbeit jetzt vom Berufsverband der Deutschen Markt- und Sozialforscher e.V. (BVM) mit einem der renommierten Förderpreise der deutschen Marktforschung ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am 2. Juni statt.
"Die Ermittlung von Zahlungsbereitschaften gehört heute zu den wichtigsten Themen im Marketing. Studien haben gezeigt, dass ohne die Ermittlung von Zahlungsbereitschaften Preise falsch gesetzt werden und daher Gewinnmöglichkeiten ungenutzt bleiben", erklärt Prof. Dr. Markus Voeth, der Stingels Arbeit betreute. Bislang kennt die Literatur eine Reihe von Verfahren, um die Zahlungsbereitschaft für ein Produkt zu erkunden. "Allerdings besteht noch ein erhebliches Forschungsdefizit im Hinblick auf die Wahl der richtigen Methode. Die vorliegende Arbeit stellt einen wichtigen Schritt auf diesem Wege dar."
"Es ist sinnvoll, zwei grobe Fälle zu unterscheiden: Artikel, die ich spontan und impulsiv einkaufe und andere, bei denen ich mir den Kauf nicht leicht mache, sondern lange überlege", sagt Stingel. "Die Untersuchung zeigt, dass ich für beide Käufergruppen unterschiedliche Methoden anwenden muss, um den idealen Preis zu kalkulieren."
Bei impulsiven Kaufentscheidungen habe sich eine simulierte Auktion als effektivste Methode bewährt: Bevor das Produkt auf den Markt kommt, geben mehrere Testpersonen ein Angebot ab, um den idealen Preis für den Hersteller zu ermitteln (Vickrey-Auktion).
Ein komplizierteres Verfahren sei dagegen für Produkte notwendig, bei denen die Kunden zu kopflastigen Kaufentscheidungen neigen: Die Versuchspersonen erhalten verschiedene Variationen des gleichen Produkts, bei denen sich nicht nur Preis, sondern auch andere Eigenschaften unterscheiden. "Bei einem Auto können das zum Beispiel das gleiche Modell mit verschiedenen Farben, verschiedener Ausstattung und verschiedenem Preis sein", erklärt Stingel. Von den Versuchspersonen werden die Produktvariationen nach persönlicher Vorliebe in eine Reihe gebracht (Limit Conjoint Analyse). "So erfahren wir, welche Rolle der Preis im Vergleich zu anderen Eigenschaften spielt." Im Anschluss gäbe es ein spezielles Berechnungsverfahren, um den Endpreis zu kalkulieren.
"Bislang galten beide Methoden als State of the Art und wurden oft undifferenziert angewendet", erklärt Stingel. "Die Studie zeigt uns, dass sogar falsche Ergebnisse entstehen können, wenn die Art der Kaufentscheidung nicht berücksichtigt wird."
Als wissenschaftliche Arbeit mit hoher Praxisrelevanz wertet auch der Berufsverband der Deutschen Markt- und Sozialforscher e.V. Stingels Studie und sprach ihr einen dritten Platz im Wettbewerb um den renommierten Förderpreis der deutschen Marktforschung zu. Die Verleihung der mit 500 Euro dotierten Auszeichnung findet am 2. Juni 2005 auf der Jubiläumsgala des Kongresses der Deutschen Marktforschung zum 50jährigen Bestehen des BVM in Berlin statt. Der vollständige Titel der Untersuchung lautet "Instrumente zur Messung von Zahlungsbereitschaften - ein Methodenvergleich". Sie entstand im Rahmen einer Diplomarbeit. Seit ihrem Abschluss an der Universität Hohenheim forscht Dipl.rer.com. Susanne Stingel am Lehrstuhl von Prof. Dr. Klaus Backhaus von der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster.
Berufsverband der Deutschen Markt- und Sozialforscher: www.bvm.org
Kontaktadresse (nicht zur Veröffentlichung):
Dipl.rer.com Susanne Stingel
Universität Münster, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Tel: 0251 - 8322866, E-Mail: susanne.stingel@uni-muenster.de
Prof. Dr. Markus Voeth
Universität Hohenheim, Institut für Betriebswirtschaftslehre
Tel: 0711 - 459 2925, E-Mail: marketing@uni-hohenheim.de
Weitere Informationen:
http://www.bvm.org
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