Deutsches Forschungsnetz ist fit für Grids
Berlin, den 26.01.2006 - Der Verein zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes e.V. (DFN-Verein) baut derzeit die vierte Generation seines Wissenschaftsnetzes mit Namen X-WiN auf. Hochschulen und Forschungseinrichtungen werden durch das X-WiN mit einer Netzinfrastruktur versorgt, die Grid-Computing und internationale Wissenschafts-Kollaborationen ebenso ermöglicht, wie sie den einzelnen Wissenschaftler oder Studierenden mit speziell auf die Bedürfnisse in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zugeschnittenen Kommunikationsdienstleistungen unterstützt.
Mit dem X-WiN werden die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland erstmals über ein eigenes Glasfaser-Netz für ihre Datenkommunikation verfügen. Anschlusskapazitäten von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde und frei skalierbare Kernnetzkapazitäten, die bei Bedarf bis in den Terabit-Bereich erweitert werden können, machen das X-WiN zu einem der leistungsfähigsten Netze weltweit. Ob beim Aufbau von Grids, bei der Kopplung von Supercomputing-Zentren in ganz Europa oder bei der Installation von VPNs für internationale Science-Communities - die Anforderungen der Wissenschaftler können mit dem X-WiN erfüllt werden.
Weltweit einzigartige Anschlusskapazitäten
Das X-WiN besteht aus vertraglich gebundenen Glasfasern, die im wesentlichen aus drei untereinander verknüpften Ringstrukturen im Norden, der Mitte und dem Süden der Republik bestehen. Die Übertragungsleistungen in diesem Netz sind fast frei skalierbar, so dass bei Bedarf auch Anschlussbandbreiten mit einem Vielfachen von 10 Gigabit pro Sekunde bereitgestellt werden können.
Vier dieser Anschlüsse werden bis Ende Januar bereits geschaltet sein. Die Universität Dresden, das Leibniz-Rechenzentrum in München, das Forschungszentrum Jülich und die RWTH Aachen verfügen dann über Netzanschlüsse, die ihresgleichen suchen. "10G-Anschlüsse für Endanwender sind derzeit weltweit noch eine Ausnahme", erklärt Jochem Pattloch, der den DFN-Verein gemeinsam mit Klaus Ullmann geschäftsführend leitet.
2.5 Millionen Nutzer
Das Kernnetz des X-WiN wurde nach einer ca. zweijährigen Vorbereitungszeit am 1. Januar 2006 in Betrieb genommen. Es verbindet mehr als 500 Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Im März soll eine feierliche Einweihung des Netzes erfolgen. Das fertige Wissenschaftsnetz verbindet die Hochschulen nicht nur untereinander, sondern vernetzt die Forscher auch auf internationaler Ebene mit Wissenschaftseinrichtungen in anderen Ländern und Kontinenten. Gleichzeitig bietet es Verbindungen ins 'herkömmliche' Internet. Mehr als 2,5 Millionen Studierende, Wissenschaftler und Mitarbeiter in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen benutzen das Wissenschaftsnetz täglich für ihre Arbeit. Als Betreiber des Netzes fungiert der DFN-Verein zu dessen derzeit ca. 350 Mitgliedsinstitutionen nahezu alle Hochschulen und außeruniversitäre, öffentlich geförderte Forschungseinrichtungen in Deutschland gehören.
1,6 Terabit im Kernnetz
Die Bandbreite im Kernnetz des X-WiN kann beim derzeitigen Stand der Technologie auf bis zu 1,6 Terabit pro Sekunde pro Verbindung erweitert werden. Dies entspricht einer Datenmenge, die von mehr als zwei Millionen unter Idealbedingungen betriebenen DSL-Anschlüssen gleichzeitig erzeugt würde. Auf Basis dieser Leistungsparameter bietet der DFN-Verein ein breites Spektrum fortschrittlicher Kommunikationsdienste wie z.B. hochauflösende Videokonferenzen an. Dank eines mit den Wissenschaftsnetzen in 31 europäischen Ländern synchronisierten Roaming-Dienstes ist es reisenden Wissenschaftlern ebenso möglich, von nahezu jedem Ort in Europa aus geschützt auf die heimische Arbeitsumgebung zuzugreifen. Services für Netzwerksicherheit, eine eigene PKI-Infrastruktur und VPN-Zugänge für sichere Verbindungen zwischen Wohnung und Uni runden das Spektrum der auf die Wissenschaft zugeschnittenen Kommunikationsdienste des DFN-Vereins ab.
Neues technisches Paradigma
Ein Paradigmenwechsel für das Wissenschaftsnetz stellt das X-WiN im Bereich der Übertragungstechnologie dar. Indem die Wissenschaft in Deutschland über eigene Glasfasern und eigene Übertragungstechnologie an den Netzknoten verfügt, können neben 'herkömmlichen' Internet-Diensten auch verbindungsorientierte Dienste für Hochleistungs-VPNs angeboten werden. " Damit ist der DFN-Verein in der Lage, benötigte Kapazitäten für den wissenschaftlichen Datenverkehr bereitzustellen", beschreibt Jochem Pattloch das neue Betriebskonzept. Künftig ist es dem DFN-Verein nicht nur möglich, Grid-Aktivitäten und Grand-Challenge-Projekte seiner Mitglieder und Nutzer adäquat zu unterstützen - auch die Forschung an und mit dem Netz selbst erhält mit dem X-WiN neuen Schub.
Vollständige europäische Integration
Sowohl das Netz als auch die Dienste stellen keine Insellösung für Deutschland dar. Dies gilt für die Verbindungen in die internationalen Wissenschaftsnetze in Europa, Nord- und Südamerika und Asia-Pacific ebenso wie für die internationale Kompatibilität in Deutschland entwickelter Dienste und Services. Zur Realisierung seiner Aussenanbindungen ist das X-WiN an das von der EU maßgeblich geförderte Vernetzungsprojekt GÉANT2 angeschlossen, das alle nationalen Wissenschaftsnetze in Europa leistungsstark verbindet und erstklassige weltweite Verbindungen, etwa zu US Wissenschaftsnetzen herstellt. "X-WiN und GÉANT2 versetzen uns in die Lage, über Grenzen hinweg Supercomputer an verschiedenen europäischen Standorten über das Netz miteinander zu koppeln, in Echtzeit auf die Daten etwa der Südamerika-Sternwarten der ESA zuzugreifen oder an internationalen wissenschaftlichen Kollaborationen wie der Auswertung der Daten der LHC-Experimente am CERN teilzunehmen", erläutert Jochem Pattloch. Hierfür werden Bandbreiten im Multi-Gigabit-Bereich benötigt, die über mehrere Länder hinweg ohne Engpass durchgeleitet werden müssen.
Dienste wie DFN-PKI, DFNRoaming oder DFNVC lassen sich nahtlos im gesamten europäischen Wissenschaftsraum und darüber hinaus mit Kollegen aus anderen Ländern oder Weltregionen gemeinsam nutzen. "Gerade die High-Quality-Videokonferenz über den Atlantik hinweg verringert die Reisekosten und verbessert die Kommunikation und das Verständnis im globalen Wissenschaftsraum", so Jochem Pattloch. Galt es in den vergangenen Jahrzehnten erst einmal, zu den Entwicklungen in den USA aufzuschließen, gibt es zwischen USA und Europa heute keine Zwei-Klassen-Gesellschaft mehr. Vielmehr ist das DFN als Wissenschaftsnetz in Deutschland hinsichtlich seiner mehr als 2,5 Millionen Endnutzer an den Universitäten und in der Forschung ebenso wie hinsichtlich der Gesamtlänge der eingesetzten Verbindungen und der Übertragungskapazitäten eines der größten und leistungsfähigsten Forschungsnetze in Europa. Auch wenn in Netzfragen nur Teamleistungen gefragt sind und keine nationalen Alleingänge, blicken die Netzwerker in den europäischen Nachbarstaaten mit Interesse nach Deutschland. Die Kapazitäten des X-WiN öffnen schließlich nicht nur Wissenschaftlern aus Deutschland die ganze Welt, sondern machen Wissenschaft und Bildung auch für die Forscher und Studierenden anderer Länder erreichbar. Ein erstklassiges Netz bedeutet auch ein gutes Stück mehr Internationalität im eigenen Lehren und Forschen.
Weitere Informationen:
http://www.dfn.de
http://www.dfn.de/content/xwin/