Friedman nimmt Muslime in Schutz
Bei einer Rede an der Universität Witten/Herdecke fordert der bekannte Publizist Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften in Deutschland
Der Publizist Michel Friedman sieht nichtchristliche Religionsgemeinschaften in Deutschland stark benachteiligt. Bei einer Rede am 61. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz an der Privatuniversität Witten/Herdecke sagte er, in Deutschland gebe es de facto keine Trennung mehr zwischen Staat und christlichen Kirchen. Als Beispiel für die massive Benachteiligung anderer Religionsgemeinschaften nannte Friedman das Einziehen der Kirchensteuer durch deutsche Finanzbehörden: "Als Moslem oder Buddhist bekommen Sie diesen Service nicht." Auch bei den gesetzlichen Feiertagen würden nichtchristliche Religionsgemeinschaften wie Juden und Moslems benachteiligt. Friedman forderte eine Gleichbehandlung der Feiertage aller großen Religionsgemeinschaften.
In seiner einstündigen Rede vor etwa 200 Zuhörern in der Großen Halle der Universität nahm Friedman insbesondere die Muslime in Deutschland gegen den Generalverdacht eines Islamismus´ in Schutz und forderte eine "Aufarbeitung des Christentums als machtpolitische Institution: Auch das Christentum hat der Welt gezeigt, was Fundamentalismus ist." Das Christentum habe anderen Religionen "nicht so viele unterdrückungsfreie Jahre voraus, wie es immer glauben machen will", sagte er in Anspielung auf die im Westen immer wieder demonstrativ geäußerte Rückständigkeit und Freiheitsfeindlichkeit des Islams. Zugleich bezeichnete er jedoch den Islamismus "als die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts."
Von den Deutschen forderte er "Respekt" gegenüber anderen Religionsgemeinschaften. Laut Friedman seien die Deutschen zum Teil selbst dafür verantwortlich, dass über christliche und nicht-christliche Konfessionsgrenzen hinweg kein wirklicher Dialog in Gang komme: "Viele Deutsche können gar nicht mehr ernsthaft in einen Dialog mit Vertretern anderer Religionen treten, weil sie nicht mehr wissen, was es bedeutet, ein Christ zu sein. Sie haben das Christentum verlernt. Deshalb irritiert sie die Frömmigkeit anderer Glaubensgemeinschaften." Als Beispiel nannte Friedman den Grundsatzstreit um das Kopftuch muslimischer Frauen: "Hat es Sie je irritiert, eine christliche Nonne mit Kopftuch zu sehen?" Auch mit Blick auf den diskutierten Beitritt der Türkei zur europäischen Union forderte Friedman die Deutschen auf, die "Wahrhaftigkeit der Argumentation zu prüfen: Ich wundere mich, dass man innerhalb der EU Zypern offensichtlich eher der europäischen Union zurechnet als die Türkei", sagte Friedman, der sich deutlich für einen Beitritt der Türkei aussprach.
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