Systembiologie - Wegweiser in die Zukunft MTZ®-Award für wissenschaftlichen Nachwuchs und zukunftsweisende Forschungsprojekte
350 Wissenschaftler aus aller Welt diskutierten bei der zweiten Conference on Systems Biology of Mammalian Cells (SBMC), die vom 22. bis 24. Mai 2008 im Kulturpalast in Dresden stattfand, neueste Erkenntnisse aus dem Bereich der Systembiologie. Sie verdeutlichten dabei, welche große Bedeutung die junge Wissenschaftsdisziplin gerade für die medizinische Forschung hat. Dies wurde betont durch die erstmalige Verleihung des MTZ®-Award der medizinisch orientierten Systembiologie, am 23. Mai im Rahmen der Konferenz. Ausgezeichnet wurden drei junge Nachwuchswissenschaftler für ihre herausragende Dissertation in diesem Forschungsfeld.
Systembiologie widmet sich der Erforschung biologischer Prozesse auf der Systemebene. Dazu verknüpft sie quantitative Methoden aus der Molekularbiologie mit dem Wissen aus Mathematik, Informatik und Systemwissenschaften. "Systembiologie bringt mit mathematischer Präzision, Ordnung und Sinn in die Datenflut aus experimenteller Forschung an Molekülen und Zellen", fasst Prof. Dr. Siegfried Neumann, Senior Consultant R+D der Merck KGaA, Darmstadt und zweiter Vorsitzender des Lenkungsgremiums von HepatoSys, zusammen.
Über das reine Grundlagenverständnis hinaus bietet die systembiologische Untersuchung von Säugetierzellen große Chancen für Medizin und Gesundheit. Simulationen vielfältiger Lebensprozesse erlauben es, Krankheitsmechanismen besser zu verstehen und gezielt Therapieansätze zu entwickeln. In der Medikamentenentwicklung wird es möglich, die Wirkungsweise interessanter Wirkstoffkandidaten im Vorfeld abzuschätzen - wodurch sich Zeit, Kosten und sogar Tierversuche auf ein Minimum reduzieren lassen.
Vor dem Hintergrund dieser großen Bedeutung der Systembiologie für die medizinische Forschung, wurde im Rahmen der SBMC in Dresden erstmals der MTZ®-Award der medizinisch orientierten Systembiologie verliehen. Mit der Auszeichnung ehrten die MTZ®stiftung aus Erkrath bei Düsseldorf, das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Projektträger Jülich (PTJ), drei junge Nachwuchswissenschaftler für ihre Dissertationen im Bereich der Systembiologie. Den ersten Preis teilen sich Dr. Niels Blüthgen vom Manchester Interdisziplinary Biocenter in Manchester, Großbritannien, und Dr. Julio Saez-Rodriguez von der Harvard Medical School, Boston, USA. Blüthgen arbeitete an der systembiologischen Untersuchung und Modellierung des MAPK-Signalwegs, der von entscheidender Bedeutung ist für lebenswichtige Prozesse wie die Embryonalentwicklung, Zelldifferenzierung und -vermehrung und den programmierten Zelltod. Saez-Rodriguez stellte einen interessanten Ansatz vor, komplexe Netzwerke der Signalgebung nicht in ihrer Gesamtheit, sondern ausgehend von einzelnen, überschaubaren Modulen zu erfassen. Als dritter Preisträger sprach Dr. Thomas Eißing, Institut für Systemtheorie und Regelungstechnik der Universität Stuttgart, über seinen Beitrag zur systembiologischen Erforschung des programmierten Zelltods, insbesondere mit Hilfe mathematischer Modellierung und Methoden der Systemanalyse.
"Die drei Preisträger überzeugten eine sehr kritische Expertenjury durch die Qualität und Originalität ihrer Arbeiten", urteilt Jurymitglied Neumann. "Da wächst in Deutschland eine auch international wahrgenommene, leistungsfähige Generation an Forscherpersönlichkeiten heran."
Die große Bedeutung der Systembiologie für den Fortschritt der medizinischen Forschung, kam während der gesamten Konferenz zum Ausdruck - insbesondere am Samstagvormittag, der ganz dem Thema Biomedizin gewidmet war. Prof. Dr. Hans V. Westerhoff, Vorsitzender des Lenkungsgremiums des HepatoSys-Netzwerkes und Professor am Manchester Center for Integrative Systems Biology und an der Universität Amsterdam, stellte hier in eindrucksvoller Weise dar, wie die Erforschung komplexer Erkrankungen von einer systembiologischen Herangehensweise profitiert. Während sich manche Krankheiten auf ein einzelnes defektes Gen oder einen bestimmten Erreger zurückführen lassen, ist die Sache bei Leiden wie Typ2-Diabetes, Fettleibigkeit, Herzerkrankungen, Krebs und Arthritis, aber auch bei komplexen Infektionskrankheiten wie AIDS oder Malaria wesentlich komplizierter. Hier tragen mehrere Faktoren - etwa verschiedene fehlerhafte Gene, Umwelteinflüsse oder komplizierte Wechselwirkungen zwischen Erreger und Wirt - zum Krankheitsgeschehen bei. Statt einzelne Gene oder Moleküle zu untersuchen, kann hier der systembiologischer Ansatz, der die Gesamtheit der störenden Einflüsse und ihre Auswirkung auf die Zelle und den Organismus berücksichtigt, entscheidend zum Verständnis der Erkrankungen und zur Entwicklung neuer, effektiver Therapieansätze beitragen.
Mehr Informationen zur SBMC 2008 stehen im Internet unter www.sbmc08.de bereit.
Über die MTZ®stiftung und den MTZ®-Award der medizinisch orientierten Systembiologie
Nach dem Leitgedanken "For a better future..." gegründet von den Eheleuten Monika und Thomas Zimmermann, fördert die MTZ®stiftung Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Humanmedizin. Im Zentrum steht dabei der noch junge Wissenschaftszweig der Systembiologie. Die Stiftung wagt einen Brückenschlag von den modernen Biomedizinischen Forschung hin zur Bioethik, um die Akzeptanz der Zell- und Genforschung in Deutschland zu erhöhen.
Der MTZ®-Award der medizinisch orientierten Systembiologie, den die Stiftung gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Projektträger Jülich (PTJ) verleiht, soll herausragenden Nachwuchswissenschaftlern in diesem Bereich eine bessere Sichtbarkeit verleihen. Der Preis im Wert von insgesamt 5000 Euro soll künftig alle zwei Jahre im Rahmen der SBMC vergeben werden.
Über die SBMC und HepatoSys
Die zweite Systembiologietagung "Conference on Systems Biology of Mammalian Cells (SBMC) fand vom 22. bis 24. Mai 2008 in Dresden statt - organisiert von HepatoSys, dem deutschen Netzwerk für die systembiologische Erforschung der Leberzelle. HepatoSys wurde im Jahr 2004 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Zusammenarbeit mit dem Projektträger Jülich (PTJ) initiiert. Die Arbeitsgruppen des Verbundes stellen eine fachübergreifende systemische Betrachtung aller Vorgänge innerhalb der Leber mit Fokus auf die Leberzelle (Hepatozyt) an. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ganz verschiedener Disziplinen arbeiten eng zusammen, um die Funktionen des biologischen Systems am Computer zu imitieren. Das Ziel ist eine virtuelle Leberzelle, mit der physiologische Prozesse in silico nachvollzogen werden können.
Kontakt und Information:
HepatoSys - Systembiologie an der Leberzelle
Projektmanagement
Dr. Ute Heisner
+49 761 203 5803
+49 761 203 5967
ute.heisner@fdm.uni-freiburg.de
Weitere Informationen:
http://www.hepatosys.de - Homepage des Netzwerks
http://www.sbmc08.de - Homepage der Conference on Systems Biology of Mammalian Cells
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