Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien an Bayreuther Philosophin Liliana Ruth Feierstein
Für ihre Dissertation, in der sie jüdische Philosophie als einen konstitutiven Bestandteil deutscher Kultur untersucht, wird die Bayreuther Philosophin Liliana mit dem diesjährigen "Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien" ausgezeichnet. Der mit 5.000 € dotierte Preis wird der Wissenschaftlerin, die am Bayreuther Lehrstuhl für Romanische Literaturwissenschaft und Komparatistik arbeitet, ihre Doktorarbeit aber an der Universität Düsseldorf schrieb, am 11. Juni im Augsburger Rathaus ausgehändigt.
Bayreuth/Augsburg (UBT) Der mit 5.000 € dotierte "Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien", der in diesem Jahr zum 11. Mal vergeben wird, geht laut einer Mitteilung der Universität Augsburg an die in Argentinien geborene und an der Universität Bayreuth wissenschaftlich tätige Philosophin Dr. Liliana Ruth Feierstein. Prämiert wird ihre an der Universität Düsseldorf entstandenen Promotion mit dem Titel " Von Schwelle zu Schwelle: Randgänge(r). Eine Lektüre der Gestualität gegenüber den "Anderen" aus dem Blickwinkel des jüdischen Denkens ". Die feierliche Preisverleihung findet am 11. Juni 2008 im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses statt.
Dr. des. Liliana Ruth Feierstein, 1969 in Buenos Aires, Argentinien, geboren, untersucht in ihrer Dissertation, die sie an der Universität Düsseldorf erarbeitet hat, die jüdische Philosophie als einen konstitutiven Bestandteil deutscher Kultur. Dabei wirft sie ein ganz spezielles Licht auf zentrale Denkfiguren jüdischen Denkens und zeichnet kritisch und zugleich fruchtbar den deutsch-jüdischen Dialog nach. Ihr spezielles Anliegen in diesem Kontext ist es, Ränder, Schwellen und Grenzen aufzuzeigen und dabei darüber nachzudenken, wie diese gleichsam für intellektuelle Minderheiten in Deutschlands dazu beigetragen haben, Grenzen zu überwinden.
Entgegen anderen Annährungen zum Thema der Grenzüberwindung wählt Feierstein Bilder und Gesten gegenüber dem Anderen als Spiegel für Ihre Schlussfolgerungen. Auffällig ist dabei, dass diese Vorgehensweise, die in sich selbst in dieser Arbeit noch einmal vielfältig reflektiert wird, im besten Sinne zu einer besonderen Form der Literatur selbst geworden ist. Der Text bewegt sich zwischen akademischer und literarischer Prosa und kann als ein Werk verstanden werden, das eine als Jüdin schreibende Autorin in ihrer besonderen Wahrnehmung charakterisiert.
Das Thema Diskriminierung von Minderheiten in deutschen Schulbüchern z. B. ergibt im Sachstand eine erwartete wie ebenso erschreckende Feststellung: Unangemessene Vereinfachungen, Vernachlässigung von Differenzierung, schematische Vorurteile, politisch-praktisch motivierte Ideologien und strategisch eingesetzte Formen der Geschichtsfälschung im Dienste forcierter nationaler Einheitsbildung zur Bewahrung des kollektiven Seelenfriedens. All dies wertet Feierstein als Zeichen dafür, dass die Respektierung der Unterschiedlichkeit von jeher auf die Wahrnehmung der Mehrheitskultur angewiesen ist und bleibt.
So trägt diese Arbeit dazu bei, Verdecktes freizulegen und herauszuarbeiten, dass in dem gegenwärtigen Verhältnis zu Randgruppen auch in Schulbüchern der heutigen Bundesrepublik, ähnlich wie zuvor in der ehemaligen DDR, unübersehbare Probleme bestehen, wenn es um eine angemessene Darstellung von Minderheitsanliegen geht. Inwieweit hier tatsächlich ein strategisches Kalkül vorliegt oder aber nur Unfähigkeit zur Differenzierung, beurteilt sie nicht. Gleichwohl sieht Feierstein z. B. in der Redewendung von der "jüdisch-christlichen Tradition" semantisch eine Aussage, die darauf abzielt, das Judentum lediglich als eine vom Christentum überwundene Vorstufe darzustellen.
"Frau Feiersteins Arbeit darf als ein Musterbeispiel für eine gelungene Integration von Wissenschaft und Engagement, Intellektualität und Emotionalität, Rationalität und Ästhetik gelten", resümiert der Vorsitzende der Augsburger Jury, Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel, der Inhaber des Bayreuther Lehrstuhls für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften und selber promovierter Philosoph.. Sie sei eine wesentliche Bereicherung für die Kenntnis der deutsch-jüdischen philosophischen Tradition und liefere damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Bedeutung von Denktraditionen für die Entwicklung zwischen den Kulturen.
Liliana Ruth Feierstein wurde 1969 in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, geboren und studierte Erziehungswissenschaften, Romanistik und Philosophie an der dortigen Universität. 1999 schloss sie im Zusammenhang eines Forschungsprojekts der mexikanischen Regierung mit dem Master in Wissenschafts- und Forschungsmethode ab. Im Jahr 2000 kam sie über den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) als Doktorandin an die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität, wurde dort 2002 Lehrbeauftragte für Romanistik und 2005 wissenschaftliche Assistentin. Mehrere Stipendien haben sie nach Tel Aviv, nach Schweden und an das Leo Baeck Institut geführt.
Noch vor dem Abschluss ihrer Düsseldorfer Promotion wechselte Feierstein 2006 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Bayreuther Lehrstuhl für Romanistik (Professorin Dr. Ute Fendler). Sie hat sich umfänglich bei der Mitorganisation von wissenschaftlichen Tagungen engagiert und ist insbesondere auch im Bereich des Verlagswesens aktiv, u. a. bei der Organisation der Jüdischen Buchmesse in Deutschland. (Text: Pressestelle Universität Augsburg)
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