Tagung Assessments in der Physiotherapie: Sicht von Patienten wird zu wenig berücksichtigt
Das Schweizerische Krankenversicherungsgesetz verlangt, dass die Berufsgruppen im Gesundheitswesen ihre Leistungen auswerten und die Qualität weiterentwickeln. In der Physiotherapie werden deshalb zunehmend Messinstrumente verwendet, um den Gesundheitszustand zu erfassen und die Ergebnisse der Rehabilitation zu kontrollieren. An der Tagung "Assessments in der Physiotherapie", die vom Institut für Physiotherapie des ZHAW Departements Gesundheit in Zusammenarbeit mit der Interessengruppe Physiotherapie Rehabilitation (PTR) organisiert wurde, erarbeiteten 160 Teilnehmende gemeinsam eine Forschungsagenda. Gefordert werden Messinstrumente, welche die Sicht von Patienten einbeziehen.
"In den Referaten und den Workshops wurde in eindrucksvoller Weise die Brücke geschlagen zwischen Forschung und Praxis", sagte Astrid Schämann, Leiterin des Instituts für Physiotherapie, anlässlich der Tagung Assessments in der Physiotherapie. Fokus der Tagung war: Die Qualität der Arbeit mit Patientinnen und Patienten zu verbessern. Die Ergebnisse des gemeinsamen Workshops zur Forschungsagenda zeigen die Bedürfnisse der Praxis auf. Dazu gehören die Ent-wicklung einer Plattform zur Auswahl geeigneter Assessments, eine EDV-gestützte Nutzung und Auswertung derselben sowie deren Übersetzung aus dem Englischen inklusive Validierung.
Erheblicher Forschungsbedarf
"Im Bereich der klinischen Assessments besteht erheblicher Forschungsbedarf", erklärte Jan Kool, Leiter Forschung und Entwicklung des Instituts für Physiotherapie. Gemäss seiner Definition dienen Assessments dazu, den medizinischen Schaden und dessen aktuellen Folgen, wie funktionelle und psychosoziale Einschränkungen, quantitativ zu erfassen. Zusammen mit Autorinnen und Autoren der PTR fasste er wissenschaftliche Studien über die Gütekriterien von Assessments zusammen. Die bisherigen Publikationen bilden die Grundlage, um die Verwendung und Entwicklung von Assessments weiter zu fördern.
Verschiedene Referate der Tagung, die vom Berufsverband für Physiotherapie physioswiss unterstützt wurde, beleuchteten die Qualität von Assessments, Auswahlkriterien und die wissenschaft-liche Übersetzung von Fragebogen zur Erfassung der Gesundheit. In praktischen Workshops wurden Assessments in den Bereichen Neurologie, muskuloskelettale Rehabilitation, Kardiolo-gie/Pneumologie sowie in der Geriatrie diskutiert. Der Übersetzung und Validierung von Assessments widmete sich in seinem Referat Erwin Scherfer, Mitarbeiter der Physio-Akademie in Wremen, Deutschland. Er forderte, dass in der Praxis und in der Forschung dieselben Standards für Messinstrumente angewendet werden. Hansjörg Lüthi, Mitarbeiter der REHAB Basel, stellte den Bezug zur International Classification of Functioning (ICF) her, in der es um Körperstruktur, Aktivität und Partizipation geht.
Wirkungsvolle Rehabilitation
Peter Oesch, Mitarbeiter der Klinik Valens, stellte fest, dass in der Schweiz praktisch nur objektive Messinstrumente mit einer medizinischen Perspektive verwendet werden. Eine Beurteilung aus der Sicht von Patientinnen und Patienten mit den dafür bereits heute verfügbaren Fragebogen finde kaum statt. Messungen seien fast ausschliesslich auf Körperstruktur und -funktion beschränkt, selten schlössen sie die Aktivität oder Partizipation der Patientinnen und Patienten mit ein. Gemäss Oesch helfen Fragebogen dabei, die Effizienz in der Rehabilitation zu verbessern.
Alle Referenten betonten, dass die verwendeten Messinstrumente die definierten Behandlungsziele messen können müssen und dass die Sicht von Patientinnen und Patienten dabei berücksichtigt werden soll.
Kontakt:
ZHAW Departement Gesundheit, Astrid Schämann, Leiterin Institut für Physiotherapie
Telefon 0041 58 934 63 10, E-Mail astrid.schaemann@zhaw.ch
ZHAW Departement Gesundheit, Jan Kool, Leiter Forschung und Entwicklung des Instituts für Physiotherapie, Telefon 0041 58 934 63 21, jan.kool@zhaw.ch
Weitere Informationen:
http://www.gesundheit.zhaw.ch
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