Kongresse und Fürstentreffen
Tagung im Erfurter Rathausfestsaal widmet sich der "Diplomatie als kulturelles Zeichensystem"
Vom 27. September bis zum 14. Oktober 1808 dauerte der Erfurter Fürstenkongress, ein von Napoleon veranlasstes Treffen mit dem russischen Zaren Alexander I., das vor dem Hintergrund des schwelenden Konfliktes mit Großbritannien die guten Verbindungen Frankreichs zu Russland untermauern sollte. Ausgehend vom Kongress von 1808, dessen 200. Jubiläum in diesem Jahr gefeiert werden kann, sollen in einer Tagung am 27. November 2008 im Erfurter Rathausfestsaal weitere vergleichbare diplomatische Großereignisse untersucht werden. Im Rahmen der Tagung wird um 18.15 Uhr zu einem öffentlichen Vortrag des Erfurter Neuzeithistorikers Professor Dr. Gunther Mai eingeladen, der den Erfurter Fürstentag von 1808, den Ausgangspunkt der Tagung, unter die Lupe nimmt. Gäste sind willkommen. Der Eintritt ist frei.
"Das Ziel der Tagung 'Kongresse und Fürstentreffen. Diplomatie als kulturelles Zeichensystem' ist ein zweifaches", so Dr. Veit Rosenberger, Professor für Alte Geschichte an der Universität Erfurt. Zusammen mit der Erfurter Professorin Dr. Claudia Kraft (Geschichte Ostmitteleuropas) veranstaltet er die Tagung, die anhand von ausgewählten Beispielen in diachronischer Perspektive einen Überblick von der Antike bis in die Gegenwart bieten will, der entsprechend dem Konzept der Erfurter Geschichtswissenschaft sich nicht nur auf Europa beschränkt, sondern auch die weltregionale Perspektive berücksichtigt. "Zum anderen nimmt die geplante Tagung gerade die scheinbare Diskrepanz zwischen dem prominent besetzten Erfurter Treffen von 1808 auf der einen und dessen karger politischer Bilanz auf der anderen Seite zum Ausgangspunkt einer kulturgeschichtlichen Betrachtung, die sich vor allem dem performativen Charakter politischer Spitzenbegegnungen widmet", so Rosenberger.
Außer den beiden Kaisern hatten sich zum Erfurter Fürstenkongress vier Könige, eine Königin, 18 regierende Fürsten und Fürstinnen, sechs Erbprinzen und 24 weitere Prinzen in Erfurt versammelt. Vom Pariser Hof waren nicht nur hohe Amtsträger nach Erfurt angereist, sondern auch Mitglieder des Théâtre français. Obgleich sich beim Erfurter Fürstentag eine in der Geschichte nur höchst selten erreichte Fülle an gekrönten Häuptern eingefunden hatte, war das Resultat des Fürstentags eher mager. Napoleon gelang es nicht, mit Alexander I. ein Offensivbündnis gegen Österreich zu schließen. In den Jahren danach kühlte sich das Verhältnis der beiden Herrscher deutlich ab, 1812 griff Napoleon Russland an. Der Erfurter Fürstenkongress ist von zwei Herrschertreffen der Jahre um 1808 eingerahmt, die beide in der Forschung bisher weit mehr Aufmerksamkeit fanden: 1807 umarmten sich Napoleon und Alexander I. äußerst öffentlichkeitswirksam auf einem Floß inmitten der Memel und trafen Abmachungen gegen England. Auf dem Wiener Kongress (1814/15) wurden Entscheidungen gefällt, welche die politische Landschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachhaltig prägten.
"Insgesamt verspricht die Tagung durch ihren diachronen und weltregional vernetzten Zuschnitt einen hohen Zugewinn an Erkenntnis: Eine von Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen in interdisziplinärer und internationaler Zusammenarbeit erstellte Synopse der höfischen Rituale, der Kodierungen von Macht und der herrscherlichen Kommunikation ist ein Desiderat der Forschung", so Rosenberger.
Die Tagung beginnt am 27. November 2008 um 10 Uhr in Erfurter Rathausfestsaal.
Weitere Informationen:
http://www.uni-erfurt.de/historisches_seminar/
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