Wasser im Inneren eines Saturnmondes
Leipziger Forscher stellen die Geysir-Ausbrüche auf dem Eismond Enceladus im Labor nach und finden Hinweise auf einen flüssigen Ozean unter seiner Eisoberfläche.
Unter dem Saturnmond Enceladus erstreckt sich stellenweise ein unterirdischer Ozean. Das haben neue Messungen der Raumsonde Cassini ergeben, die seit 2004 den Saturn und seine Monde aus der Nähe erforscht. Bei der komplizierten Beweisführung spielten winzige Eispartikel, die kalte Geysire auf dem Enceladus ins All schleudern, eine entscheidende Rolle - und Wissenschaftler aus Leipzig. Prof. Dr. Bernd Abel und Mitarbeiter vom W.-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Leipzig innerhalb eines internationalen Teams von Wissenschaftlern gelang es, die Vorgänge auf dem Saturn-Mond Enceladus im Labor nachzustellen und zu interpretieren. Die neuen Ergebnisse wurden gerade in der renommierten Zeitschrift Nature (18. Juni 2009) veröffentlicht.
Mit einem Durchmesser von etwa 500 Kilometern ist Enceladus der sechstgrößte Mond des Saturn. Zudem ist der Himmelskörper, den eine dicke Eisschicht bedeckt, einer der Kandidaten im Sonnensystem, auf dem Forscher günstige Bedingungen für primitives Leben vermuten. Denn aus der Auswertung früherer Messungen wurde spekuliert, dass sich unter der Oberfläche des Eismondes ein unterirdisches Wasserreservoir befinden könnte. Ein solcher Ozean könnte die kalten Geysire in der Nähe des Südpols des Mondes speisen, die immer wieder winzige Eispartikel ins All schleudern. Einer der äußeren Ringe des Saturn, der so genannte E-Ring, ist wahrscheinlich aus diesen Teilchen entstanden. Bisher war allerdings der Ursprung der Eispartikel unklar und die Annahme einer flüssigen Quelle oder eines Ozeans unter der Oberfläche des Mondes reine Spekulation. Es ist dabei entscheidend, ob die Eispartikel aus einer flüssigen Quelle entstehen und das Innere des Enceladus zunächst als flüssiges Wasser verlassen und dann spätestens in der Kälte des Weltalls gefrieren oder ob der Ozean selbst längst zu Eis geworden ist.
Einen Hinweis und möglicherweise letzten Beweis sollten nun neue Messungen der Raumsonde Cassini liefern, die seit 2004 den Saturn umkreist und dabei auch Informationen über die Eismonde des Planeten sammelt. Ein internationales Forscherteam setzte dafür ein Messgerät an Bord ein, das die Teilchen in den Saturnringen im Vorbeiflug genau auf ihre Bestandteile untersucht. In den Eispartikeln des E-Rings stießen die Forscher dabei neben organischen Verbindungen und Silikaten auch auf Natrium, wie es etwa im Kochsalz vorkommt, und auf Karbonate (Kohlenstoffverbindung). Von diesem Stoffen erhofften sich die Wissenschaftler Hinweise auf den aktuellen Zustand der Quelle im Inneren des Mondes. Im Falle der Existenz eines versteckten Ozeans würde man auch auf auf seine Konsistenz mit der Analyse der Eisteilchen schließen können. Denn wenn Wasser langsam gefriert, bleiben Salze wie etwa Natriumverbindungen im Wasser gelöst. Das Eis ist nahezu salzfrei.
Für die richtige Interpretation der Messergebnisse aus der Tiefe des Weltalls sorgten Leipziger Wissenschaftler um Prof. Dr. Bernd Abel. Denn die Eiskörnchen offenbarten eine überraschende Vielfalt an Natriumverbindungen: Körnchen mit geringer Natriumkonzentration zeigten Anlagerungen von Natrium an Wassermoleküle, Körnchen mit hoher Natriumkonzentration Verbindungen, die Hydroxid enthalten. Ob sich diese Ergebnisse mit einem unterirdischen Ozean in Einklang bringen lassen, war den Teilnehmern der Cassini-Mission zunächst unklar. Hier war die Expertise der Leipziger gefragt, die bereits seit Jahren Wassercluster, also winzige Klumpen von Wassermolekülen, und ihre Verbindungen masenspektrometrisch erforschen.
Den Forschern gelang es, die Situation auf dem Enceladus im Labor nachzustellen - wenn auch in vereinfachter Form. Im Labor richteten die Wissenschaftler einen Laser auf einen Wasserstrahl, der die theoretisch vorhergesagten Natriumverbindungen enthielt. Der Wasserstrahl übernimmt dabei die Rolle des Ozeans, der Laser simuliert die Dispersion während des Geysirausbruchs. "Mit unserer Methode der Flüssigkeitsstrahl-Massenspektrometrie konnten wir die Verbindungen, die der Laser aus dem Wasserstrahl herausschlägt, genau nachweisen", erklärt Abel das Prinzip. Falls der Ozean unter der Oberfläche des Mondes noch flüssig ist, müssten dieselben Verbindungen in den Eisbrocken des Saturnrings zu finden sein. Die Methode war so erfolgreich, dass sich neben den Natriumsalzen auch noch Karbonatverbindungen nachweisen ließen, welche ebenfalls die Bestimmung des leicht basischen pH-Wertes des versteckten Ozeans erlaubte.
Die Ergebnisse der Leipziger, Göttinger, Potsdamer und Heidelberger Forscher bestätigten eindrucksvoll und überzeugend die schon lange gehegte aber bisher nie bewiesene Vermutung eines unterirdischen Ozeans unter der Oberfläche des kleinen Saturn-Mondes. Genau die Natriumverbindungen, die die Raumsonde gemessen hatte, fanden sie auch im Experiment. "Die Eisbrocken im Saturn-Ring mit viel Natrium müssen aus dem flüssigen Ozean stammen", erklärt Abel. Die natriumarmen Brocken entstehen aus dem Wasserdampf, der sich über dem Ozean aufhält. Zumindest eine der wichtigsten Voraussetzung für Leben, flüssiges Wasser, ist somit auf dem Enceladus gegeben.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Bernd Abel
Lehrstuhl für Physikalische Chemie und Reaktionsdynamik
W.-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Leipzig
Telefon 0341 - 235 2715
E-Mail: bernd.abel@uni-leipzig.de
Weitere Informationen:
http://www.pc-uni-leipzig.de/
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