Wirtschaftswissenschaftler Scholz: "Human-Potential-Index ist Personalmanagement aus der Retorte"
Am Freitag, dem 26. Juni 2009, präsentiert die Psychonomics AG ihren Entwurf eines Human-Potential-Index (HPI). Dieser im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums entwickelte Index soll Kriterium für die Kreditvergabe an Unternehmen werden. Deutliche Kritik am Entwurf kommt von Professor Dr. Christian Scholz aus Saarbrücken, dessen Forschungsschwerpunkt im Personalmanagement liegt, und Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom AG.
Auf den ersten Blick klingt die Verlautbarung der Psychonomics AG faszinierend: "41 Prozent des wirtschaftlichen Erfolges sind durch den HPI prognostizierbar." Sofern hier wirklich ein Zusammenhang vorliegt, der in identischer Form für alle Unternehmen gilt, könnte daraus eine plausible Zertifizierung für die Personalarbeit werden. "Die praktische Erfahrung legt allerdings nahe, dass die Kausalität genau entgegen der Annahme der HPI-Erfinder verläuft", erläutert Thomas Sattelberger. "Nur finanziell erfolgreiche Unternehmen sind in der Lage, umfangreiche personalwirtschaftliche Instrumente zum Wohle ihrer Belegschaft einzusetzen."
Christian Scholz ergänzt: "Hier wird schlicht Koinzidenz mit Kausalität verwechselt." Gleichzeitig weist er auf ein zweites Problem hin: "Die HPI-Verfechter werben permanent damit, einen Beitrag zur Humankapitalbewertung zu liefern. Auch das wird aber nicht geleistet. Der HPI erhebt lediglich den Umfang und die Mitarbeiterfreundlichkeit der Personalarbeit. Das hat mit Humankapital kaum etwas zu tun."
Der HPI wird damit wissenschaftlich unhaltbar, erhebungsmethodisch unsauber, aussagelogisch falsch und ordnungspolitisch fehlgeleitet. Er entpuppt sich letztlich als Bumerang, der den Werfer trifft. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Unternehmensfinanzen nicht ausreichen, alle im Index geforderten personalwirtschaftlichen Wohltaten zu vergeben. "Selten haben wir nach einer Epoche strategischen Personalmanagements eine solche Einheitsideologie erlebt. Der HPI ist Personalmanagement aus der Retorte, gut vermarktbar für die Politik und gut verkäuflich für die dahinter stehende Beraterzunft", betonen beide einmütig.
Dazu Thomas Sattelberger weiter: "Noch schlimmer ist die unausgesprochene Haltung: Der Personaler als Gutmensch, der Wohltaten verteilt und niemandem wehtut. Die Personalarbeit wird so optisch gefällig, inhaltlich konturlos und an die kurze Leine gelegt."
Ansprechpartner:
Professor Dr. Christian Scholz
Universität des Saarlandes
Tel.: (0681) 3024120
E-Mail: scholz@orga.uni-sb.de
Weitere Informationen:
http://www.orga.uni-sb.de/contraHPI
Die semantisch ähnlichsten Pressemitteilungen im idw
