Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung
Die Akademie der Wissenschaften zu Göttingen hat grünes Licht für ein neues langjähriges Forschungsprojekt bekommen. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat gestern auf ihrer jüngsten Sitzung in Bonn beschlossen, zum 1. Januar 2011 das Vorhaben „Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung“ in das Akademienprogramm der acht deutschen Wissenschaftsakademien aufzunehmen.
Das Akademienprogramm ist das größte deutsche Forschungsprogramm in den Geisteswissenschaften, das von Bund und Ländern gemeinsam finanziert wird. Der Präsident der Göttinger Akademie, Prof. Christian Starck, äußerte sich erfreut über die Zusage: „Die Entscheidung ist nicht nur eine Anerkennung von Bund und Land für unsere bisherige Arbeit, sie ist auch eine Bestätigung dafür, dass wir uns mit der zunehmenden Digitalisierung und mit unserem ständig wachsenden Online-Angebot von Forschungsergebnissen an den Bedürfnissen einer modernen Wissensgesellschaft orientieren.“
Mit dem neuen Projekt, für das eine Laufzeit von 15 Jahren vorgesehen ist, betreut die Göttinger Akademie zur Zeit 23 Vorhaben.
Die GWK dotiert das Akademienprogramm im kommenden Jahr mit 51,8 Mio Euro. Neun neue Projekte von den acht Wissenschaftsakademien wurden bewilligt. Bedingung für die Aufnahme eines Vorhabens in dieses Programm ist, dass das Vorhaben von überregionaler Bedeutung und gesamtstaatlichem wissenschaftspolitischem Interesse ist. Zudem muss ausgeschlossen sein, dass das Forschungsprojekt, z.B. wegen der langen Bearbeitungszeit von über zwölf Jahren, nicht besser an einer Hochschule oder einer anderen Forschungseinrichtung durchgeführt werden kann.
Zum Inhalt des Vorhabens „Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung“:
Das, was wir heute als „Networking“ bezeichnen, gab es im Grunde schon in der Aufklärungsepoche. Die 1751 gegründete Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ist eine Institutionalisierung von Netzwerken. Sichtbar werden die frühen Netzwerke aber in den Gelehrten Journalen und Zeitungen des 18. Jahrhunderts, die von den Zeitgenossen bevorzugt „Ephemeriden“ genannt wurden.
Mit Buchbesprechungen und -ankündigungen, mit Berichten über wissenschaftliche Entdeckungen und Projekte, mit Nachrichten von gelehrten Institutionen und nicht zuletzt mit Personalien, geben sie Auskunft über das, was in der Welt des gelehrten und popularisierten Wissens einschließlich der schönen Künste vor sich ging. Von der Forschung werden sie daher immer wieder als „Schlüsselwerke“ der Aufklärung bezeichnet. Man geht sogar noch weiter: Ohne seine Gelehrten Blätter wäre das 18. Jahrhundert nicht zum Zeitalter der „Aufklärung“ geworden.
Bisher hatten die Wissenschaftler allerdings Schwierigkeiten, an das wertvolle Material heranzukommen. Anders als in Frankreich etwa, wo in der „Bibliothèque nationale“ fast alle Zeitschriften des Landes an einem Ort verfügbar sind, stehen bei uns die noch greifbaren Ephemeriden in vielen verschiedenen Bibliotheken. Es muss sogar – um den kompletten Satz ein und desselben Gelehrten Blattes zur Verfügung zu haben – immer wieder auf Exemplare in unterschiedlichen Städten zurückgegriffen werden. Dies soll sich mit dem neuen Forschungsprojekt „Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung“ der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen in Kooperation mit der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, der Universitätsbibliothek Leipzig und der Bayerischen Staatsbibliothek München ändern.
Das Vorhaben beginnt im Januar 2011 den Quellenschatz zu erschließen und zu digitalisieren. In eine interaktive Internet-Datenbank werden Artikel, Rezen-sionen und Gelehrte Nachrichten aus 128 Zeitschriften (ca. 1200 Bände mit ca. 800.000 Seiten) eingespeist und der Forschung uneingeschränkt zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis wird über eine bloße Sammlung von Fakten und Materialien hinausgehen, da durch die vielfältigen Vernetzungen neue Zusammenhänge sichtbar gemacht werden. Von den Ergebnissen des Projektes werden alle sich auch historisch begreifenden Wissenschaften profitieren.
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