Geselliges Mainz – grünes Wiesbaden
Studierende der Soziologie vergleichen in einer empirischen Studie die Lebensbedingungen und Lebensqualität in den beiden Nachbarstädten
In Mainz und in Wiesbaden lässt es sich gut leben, wie eine Umfrage des Instituts für Soziologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zeigt. Im Hinblick auf die eigene Wohnung und die Gegebenheiten im näheren Wohnumfeld beurteilen die Bürgerinnen und Bürger der beiden benachbarten Landeshauptstädte ihren eigenen Wohnort jeweils sehr positiv. Über 80 Prozent der Mainzer und Wiesbadener sind mit ihrer Wohnung und dem Wohnumfeld zufrieden oder sehr zufrieden.
Dagegen fällt die Einschätzung zur Mentalität ihrer Mitbürger sehr unterschiedlich aus. „Es zeigen sich Differenzen, wie sie größer kaum sein könnten“, heißt es in der Studie, die von Studierenden der Soziologie im Rahmen eines einjährigen Forschungsprojekts unter der Leitung von Prof. Peter Preisendörfer und Dr. Jürgen Schiener erstellt worden ist. Anhand von neun gegensätzlichen Eigenschaftspaaren wie beispielsweise „tolerant versus intolerant“ oder „hilfsbereit versus egoistisch“ sollten die Mainzer und Wiesbadener ihre eigenen Mitbürger beurteilen. Bei acht Eigenschaftspaaren bestehen erhebliche Differenzen, die alle in die gleiche Richtung zeigen, nämlich dass die Mainzer und Mainzerinnen ein positiveres Bild von ihren Mitbürgern haben als die Wiesbadener/-innen. Während 69 Prozent der Mainzer ihre Mitbürger als gesellig einschätzen und 55 Prozent sie für sympathisch halten, finden nur 19 bzw. 23 Prozent der Wiesbadener, dass sich diese Attribute – gesellig bzw. sympathisch – bei ihren Mitbürgern finden. Die Mainzer sehen sich selbst als toleranter, hilfsbereiter, friedlicher, sympathischer, optimistischer und mit weitem Abstand als geselliger an als die Wiesbadener, erläutern Preisendörfer und Schiener die statistische Auswertung.
Die Soziologen weisen explizit darauf hin, dass es bei der Befragung nicht darum ging, die jeweils andere Stadt zu beurteilen, sondern nur darum, Aussagen über den eigenen Wohnort zu machen. Dazu wurde eine Zufallsstichprobe von Mainzer und Wiesbadener Bürger/-innen zu verschiedenen Facetten des Lebens in ihrer jeweiligen Heimatstadt befragt. Die Erhebung erfolgte im Herbst 2010 durch 47 Studentinnen und Studenten in 521 mündlichen Interviews, 277 in Mainz und 244 in Wiesbaden.
Demnach schätzen beispielsweise die Wiesbadener die Einkommens- und Verdienstmöglichkeiten in der eigenen Stadt besser ein als die Mainzer: 69 Prozent beurteilten in der hessischen Landeshauptstadt die Einkommens- und Verdienstmöglichkeiten in ihrer Stadt als gut oder sehr gut, nur 46 Prozent waren dies in Mainz. Mainzer Bürger vermissen häufiger irgendwelche Läden oder Geschäfte: 55 Prozent fanden, dass etwas fehlt im Vergleich zu 39 Prozent der Wiesbadener. Freizeitaktivitäten und damit auch die Nutzung von Fernseher und Internet wurden genauso abgefragt wie die Verwendung unterschiedlicher Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit oder das Risiko, in einem Stau stecken zu bleiben.
Immer wieder klingt im Verlauf des Berichts an, dass Wiesbaden einen „grüneren“ Charakter aufweist als Mainz, wo die Bewohner auch eindeutig stärker unter Fluglärm leiden. 31 Prozent der Mainzer/-innen fühlen sich stark oder sehr stark von Fluglärm belästigt. Allerdings ist das „grünere“ Wiesbaden vergleichsweise Fahrrad-unfreundlich und in hohem Maße Auto-orientiert. Das „grauere“ Mainz ist eine Stadt, mit der sich die Einwohner in hohem Maße identifizieren, das heißt die Verbundenheit mit der eigenen Stadt liegt in Mainz signifikant höher als in Wiesbaden.
Die Befragten gaben Auskunft zum Einkauf in Bioläden und zur Qualität städtischer Dienstleistungen, über Pflegeeinrichtungen für ältere Menschen, die Baustile in der jeweiligen Stadt, Kriminalität, die Integration von Zuwanderern, wahrgenommene Ungleichheiten zwischen Arm und Reich und vieles mehr. Die Befunde vermitteln damit einen detailreichen Einblick in subjektive Wahrnehmungen, wie also die Bürger von Mainz und Wiesbaden ihre Heimatstadt sehen und einschätzen. Durchgängig hohe Werte bei der Beurteilung von Stadtbild und Stadtimage belegen, dass die Bewohner beider Städte „ein recht positives Bild von ihrer Stadt und deren Qualitäten haben“, heißt es in der Studie.
Der 27-seitige Bericht zu der Studie kann auf der Homepage der Universität Mainz (http://www.uni-mainz.de/downloads/02_soz_mzwi_abschlussbericht.pdf) herunter geladen werden. Gegen eine Unkostengebühr (Druck und Porto) ist er auch als Broschüre über das Institut für Soziologie erhältlich.
Weitere Informationen:
Dr. Jürgen Schiener
Institut für Soziologie
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
D 55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-24705
Fax +49 6131 39-26157
E-Mail: juergen.schiener@uni-mainz.de
Weitere Informationen:
http://www.soziologie.uni-mainz.de/
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