bdvb plädiert für Beteiligung privater Gläubiger an Umschuldungen zahlungsunfähiger Euroländer
Auch nach der weitreichenden Reform der Architektur der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion durch die Staats- und Regierungschefs der EU am 24./25. März 2011 hat sich die Lage an den europäischen Finanzmärkten nicht nachhaltig stabilisiert. Portugal musste wegen drohender Zahlungsunfähigkeit eine Finanzhilfe aus dem Euro-Rettungsschirm beantragen. Zunehmend wird bereits die Frage nach der Notwendigkeit einer Umschuldung der Verbindlichkeiten Griechenlands gestellt. Bei den weiterhin hohen Renditen auf griechische Staatsanleihen von 12 % scheinen die Finanzmärkte einen solchen Schritt schon zu antizipieren.
In der Tat ist nach Auffassung des Bundesverbandes Deutscher Volks- und Betriebswirte e.V. (bdvb) kaum davon auszugehen, dass Griechenland ab 2013 seine ausstehenden Anleihen nach Auslaufen der Finanzhilfen aus dem Rettungsschirm wird bedienen können. Angesichts einer weiter steigenden Staatsverschuldung scheinen Finanzierung des Haushaltsdefizits und Schuldendienst über die Kapitalmärkte kaum möglich. Es stellt sich dann die Frage nach einer evtl. Anschlussfinanzierung über den ab Mitte 2013 zur Verfügung stehenden Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM).
Der bdvb hält dies als ultima ratio nur dann für vertretbar, wenn neue Finanzhilfen durch die Euroländer unter strikten wirtschaftspolitischen Auflagen mit einer Beteiligung privater Gläubiger (vornehmlich Banken) an einer Umschuldung verbunden werden. Nur dann werden die Investoren in Zukunft das Risiko eines Kapitalverlustes in Rechnung stellen und höhere Risikoprämien bzw. Renditen für ihre Anlagen fordern. Die marktmäßige Lenkungsfunktion der Preise würde wieder hergestellt und die Disziplinierungsmechanismen der Märkte könnten zum Tragen kommen. Die Schuldnerländer wären gezwungen, die Eigenverantwortung für die Sanierung ihrer Staatshaushalte wieder zu übernehmen. Andernfalls würde, wie es jüngst der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen formuliert hat, die Fehlsteuerung in der Finanzpolitik und auf den Finanzmärkten verfestigt.
Der deutsche Steuerzahler dürfte aber kaum bereit sein, für die Versäumnisse der Schuldnerländer und für deren Banken die Zeche zu bezahlen. Dies dürfte ebenso für die Steuerzahler in den anderen Ländern gelten. Folgen könnten eine Zunahme der Euroskepsis und nachlassende Zustimmung zum europäischen Einigungsprozess sein. Die stärker werdenden Proteste der Bevölkerung in den überschuldeten Euroländern gegen die rigiden Sparprogramme ihrer Regierungen drohen ohnehin die europäische Integration zu diskreditieren. Mit der finanziellen Solidarität der solventen Mitgliedstaaten würde letztlich das Gegenteil von dem erreicht werden, was beabsichtigt war.
Der bdvb empfiehlt der Bundesregierung, diese Überlegungen bei den anstehenden Beratungen auf EU-Ebene über die Aufstockung der nominalen Ausleihekapazität des Euro-Rettungsschirms und über eine Rahmenvereinbarung für den neuen permanenten Europäischen Stabilisierungsmechanismus zu berücksichtigen
bdvb (www.bdvb.de)
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