Neues Steuerungskonzept ermöglicht die Kombination von Industrieroboter und mobilem Laserscanner
Wissenschaftler der Hochschule Aschaffenburg haben gemeinsam mit den Projektpartnern Reis Robotics, Obernburg und RAYLASE AG, Weßling eine entscheidende Verbesserung im Bereich der Lasermaterialbearbeitung entwickelt. Im Forschungsprojekt LARISSA wurden neuartige Steuerungskonzepte entwickelt, welche die Kombination und Koordination von Roboter und mobilem Laserscanner erlauben: Wo der Roboterarm an seine bewegungsdynamischen Grenzen stößt, wird nun die extrem hohe Beweglichkeit des Lasers genutzt. So lassen sich bei der Lasermaterialbearbeitung mit Industrierobotern deutlich höhere Geschwindigkeiten und eine verbesserte Genauigkeit erzielen.
Die robotergeführte Lasermaterialbearbeitung hat sich in vielen Bereichen der Industrie etabliert. Sie ermöglicht das detailgenaue Schneiden, Markieren und Schweißen von Werkstücken unterschiedlichster Materialien.
Mit der Entwicklung von immer leistungsfähigeren Laserstrahlquellen wird die erzielbare Geschwindigkeit bei der robotergeführten Lasermaterialbearbeitung zunehmend durch die mechanische Trägheit des Roboters begrenzt. Insbesondere bei abrupten Richtungs- und Geschwindigkeitsänderungen kann die von modernen Laserquellen zur Verfügung gestellte Leistung oftmals nicht vollständig ausgeschöpft werden, da die Dynamik des Robotersystems nicht ausreicht um den Laserstrahl mit der entsprechenden Geschwindigkeit über das zu bearbeitende Werkstück zu bewegen.
Ziel des auf zweieinhalb Jahre angelegten Forschungsprojekts LARISSA (Kurzform für: "LaserRobotik - Integration von Scan- und Fokussiereinheiten als hochdynamische System Achsen) war daher die Entwicklung und Erprobung neuartiger Steuerungs- und Regelungskonzepte, welche die Dynamik eines beweglichen Laserscanners (Strahlumlenkeinheit) mit dem großen Arbeitsraum eines Industrieroboters kombinieren. Bei dem nun entwickelten System wird der Laserstrahl durch eine vom Roboterarm mitgeführte Scannereinheit gezielt so abgelenkt, dass der Roboter nur relativ langsame und glatte Bewegungen ausführen muss und der Laserpunkt – trotzdem schnell und präzise der vorgegebenen Bearbeitungskontur folgt. So lassen sich bei der Lasermaterialbearbeitung mit Industrierobotern deutlich höhere Geschwindigkeiten erzielen, ohne das Abstriche bei der Genauigkeit hingenommen werden müssten.
Bei der Abschlusspräsentation zeigten die Projektpartner ihre Entwicklung an einem Praxisbeispiel. Das Werkstück – ein Teil der Rückenlehne eines Fahrzeugsitzes - wurde zunächst in konventioneller Art bearbeitet: 45 Sekunden braucht der massige Industrieroboter für das Abfahren der Schweißnaht. Deutlich schneller geschieht dies unter Einsatz des neuen Steuerungskonzeptes. Dabei werden kleinere Bewegungsabläufe und Richtungsänderungen nicht mehr vom Roboterarm ausgeführt, sondern direkt vom hochdynamischen Laserscanner übernommen. Die Bewegungsaufteilung und –koordination zwischen Roboter und Laser übernehmen dabei die im Projekt entwickelten Steuerungsalgorithmen. Die zuvor gezeigte Bearbeitungsaufgabe ist mit dem neu entwickelten Steuerungskonzept nun schon nach 15 Sekunden abgeschlossen – "und dies sogar mit einer besseren Bearbeitungsgenauigkeit", betont Markus Lotz, M. Eng., der als Wissenschaftlicher Mitarbeiter zum Projektteam der Hochschule gehört, nach der Vorführung.
Professor Bruhm freut sich über den erfolgreichen Projektabschluss und betont neben der Bedeutung von Forschungsprojekten für die industrielle Anwendung auch den Beitrag angewandter Forschung für die Ausbildung von Studierenden. „Bachelor- und Masterstudenten können so an aktuellen Fragestellungen der Technik mitwirken und profitieren von einem praxisorientierten wissenschaftlichen Umfeld.“ Die Bedeutung von Forschungskooperation hebt auch Professor Czinki nochmals hervor: "Der Technologietransfer findet nicht nur direkt statt, sondern auch indirekt durch die Ausbildung von besonders qualifiziertem Ingenieurnachwuchs." Auch Dr.-Ing. Eberhard Kroth, Geschäftsführer bei Reis Robotics lobt die Zusammenarbeit der Projektpartner und sieht gute Chancen für die Vermarktung des neuen Steuerungskonzepts. Die freie Programmierbarkeit ist ein weiterer Vorteil des neuen Systems: „Damit lassen sich auch sehr individuelle Lösungen realisieren“, so Kroth. Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten erläutert Erwin Wagner, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Raylase AG: "Der Laserscanner als Werkzeug für Industrieroboter kann beispielsweise in der Automobilindustrie und bei der Fertigung von Photovoltaik-Modulen eine wichtige Rolle spielen."
Das Forschungsprojekt wurde von der Bayerischen Forschungsstiftung mit 450.000 € gefördert. Von den Fördermitteln flossen 200.000 € an die Hochschule Aschaffenburg, welche die Projektleitung innehatte und die auf einem Patent der Hochschule beruhenden grundlegenden Steuerungsalgorithmen auf einem sogenannten Rapid Control Prototyping System implementierte und erprobte. Bei der RAYLASE AG wurde der Prototyp eines neuen Scanners für den Einsatz an Robotern entwickelt. Reis Robotics spezifizierte die Anforderungen an das zu entwickelnde Gesamtsystem, konzipierte und integrierte eigene Varianten der Steuerungsalgorithmen in die Robotersteuerung und übernahm die anwendungsnahe Erprobung. Dort ist das Thema mit dem Projektende noch lange nicht "abgehakt": Die Fa. Reis Robotics arbeitet nun an der serientauglichen Umsetzung des entwickelten Konzeptes in ihrer industriellen Robotersteuerung.
Weitere Informationen:
http://www.h-ab.de/index.php?id=Larissa