ISL erhält "Prix General Chanson 2011" für ARCADIS: ein System zur Sicherung militärischer Konvois
Unsere Einsatzkräfte warten dringend auf ein fahrzeuggestütztes Beobachtungssystem, das die Insassen von Konvois vor Gefahren warnt, die mit bloßem Auge nicht erkennbar sind, wie Spuren vergrabener Sprengladungen. Das Deutsch-Französische Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) hat ein solches System mit dem Namen ARCADIS entwickelt und wurde dafür mit dem „Prix Ingénieur Général Chanson 2011“ ausgezeichnet. Preisträger sind David Monnin, Etienne Bieber und Gwenael Schmitt.
IED - Der Alptraum militärischer Konvois
Improvisierte Sprengladungen (IEDs) sind für militärische Konvois eine erhebliche Bedrohung. Es gibt zwar Spezialfahrzeuge, die sich zum Befahren potentiell gefährdeter Routen eignen, derzeit verfügen unsere Streitkräfte aber über keinerlei Möglichkeit, improvisierte Sprengladungen aus der Entfernung zu detektieren. Dieser Mangel wird deutlich, wenn man sich die Verluste durch IED-Anschläge bei Auslandseinsätzen vor Augen führt (zwischen Januar 2004 und Dezember 2009 wurden 6900 Menschen durch IEDs verletzt, 3300 getötet, darunter zahlreiche Einsatzkräfte der internationalen Truppen in Afghanistan). Straßen außerhalb von Ortschaften, die häufig von militärischen Konvois genutzt werden, sind besonders anfällig. Es ist praktisch unmöglich, längere Strecken über Hunderte von Kilometern zu überwachen, um zu verhindern, dass diese mit Hilfe improvisierter Sprengladungen vermint werden.
Eine technologische Herausforderung für die Sicherheit der Truppen in Auslandseinsätzen
Experten für Bilderfassung und Signalverarbeitung des Deutsch-Französischen Forschungsinstituts (ISL) haben sich dieser Herausforderung gestellt und entwickeln seit einigen Jahren das System ARCADIS, ein System, welches Bildsequenzen speichern und auswerten kann, um auf veränderte Elemente in der Umgebung hinzuweisen . Bei der Eröffnung einer Route für Konvois (road clearance) wird mit einem Spezialfahrzeug eine erste Bildsequenz entlang der Strecke aufgenommen, wobei gleichzeitig sichergestellt werden muss, dass keine versteckten Sprengsätze vorhanden sind. Ziel ist es, bei jeder weiteren Passage eines Konvois einen Abgleich mit der gespeicherten Bildsequenz durchzuführen und alle Veränderungen in der Umgebung zu markieren. Durch Blinksignale wird der Bordinsasse in Echtzeit auf Spuren aufmerksam gemacht, die eventuelle Bombenleger hinterlassen haben. Er verfügt somit über wichtige Hinweise darauf, was sich auf der Wegstrecke ereignet haben könnte. Die Analysefähigkeit und letztendlich die Entscheidungsfindung des militärischen Einsatzpersonals steht nach wie vor im Mittelpunkt und das System soll dieses pragmatisch und wirksam unterstützen.
ARCADIS, ein ausgeklügeltes System für den operationellen Bedarf
Das ARCADIS-System stützt sich auf ein kostengünstiges Bilderfassungssystem, bestehend aus einem GPS-Empfänger, einem Magnetkompass, einer Videokamera, einem Touchscreen und einem Rechner, das dem Operateur Informationen über sichtbare Veränderungen auf der Strecke liefert. Anhand der Informationen von GPS und Kompass werden in Echtzeit Bilder aus der Datenbank, die bei einem ersten Durchgang aufgenommen wurden, mit dem aktuellen Bild verglichen. Durch die unzureichende Genauigkeit des GPS und aufgrund seiner Störanfälligkeit, musste ein völlig neuartiger Algorithmus entwickelt werden, der einen bestmöglichen Bildabgleich in allen Situationen erlaubt. Weitere Verarbeitungsschritte erlauben die Korrektur der Lichtintensität zweier Bilder und deren Überlagerung. Auf die bedienerfreundliche Darstellung der Information, die dem Operateur Veränderungen auf der Strecke durch Aufblinken anzeigt, wurde besonderer Wert gelegt. Diese Darstellung übertrifft herkömmliche Methoden der Bildmarkierung. Durch Integration all dieser Neuerungen liefert ARCADIS dem Operateur ein leicht zu bedienendes und robustes Werkzeug.
Ein Erfolg für die Sicherheit unserer Einsatzkräfte
Nach der gelungenen und viel beachteten Demonstration des Systems bei den dynamischen Vorführungen im Rahmen von Eurosatory 2010 (Europas größter Ausstellung für Heeresausrüstung), wurde dem ISL der Preis „Prix Ingénieur Général CHANSON 2011“ zuerkannt. Diese im Verteidigungsbereich renommierte Auszeichnung wird von der französischen Vereinigung für Heeresrüstung (AAT) verliehen, deren ständige Mitglieder die französische Rüstungsbehörde (DGA), der französische Heeresstab (EMAT) und die Vereinigung der französischen Rüstungsindustrie (GICAT) sind. Preisträger des 38. Prix CHANSON sind drei Mitarbeiter des ARCADIS-Teams : David MONNIN, der als Wissenschaftler das ARCADIS-Konzept entwickelt hat, Etienne BIEBER und Gwenael Schmitt, die an der Systementwicklung maßgeblich beteiligt waren.
Die Experten für Bilderfassung und Signalverarbeitung des ISL - bedarfsnah und reaktiv
Das Deutsch-Französische Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) ist eine bi-nationale Einrichtung und untersteht dem deutschen und französischen Verteidigungsministerium. Zusätzlich zu seinen ursprünglichen Aufgaben „Forschung sowie wissenschaftliche Untersuchungen und grundlegende Vorentwicklungen auf dem Gebiet des Waffenwesens“ widmet sich das ISL verstärkt den Fragen der zivilen Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung, sei es im Inland als auch bei Militäroperationen in Krisengebieten. Das ARCADIS-Team hat deshalb seine Forschungstätigkeit an die Erfordernisse der Streitkräfte angepasst. Nach Meinung von Lieutenant-Colonel Jean-Paul LACROIX, dem Leiter der Minenräumgruppe des Technischen Dienstes des französischen Heeres (STAT): „bereichert die Detektion von Veränderungen in einem Bild die bisherigen Detektionsmöglichkeiten für vergrabene IEDs, vor allem wenn ein ausreichender Sicherheitsabstand zwischen Bedrohung und Detektionsfahrzeug gehalten werden kann“.
Ein Konzept, das der Verteidigungsindustrie unmittelbar zur Verfügung steht
Die Zukunft des ARCADIS-Konzepts hängt insbesondere von der Integration des Systems in das Führungsfahrzeug als Ergänzung zu weiteren Detektionstechniken ab. Mehrere deutsche und französische Industriefirmen haben bereits ihr lebhaftes Interesse an einer kurzfristigen industriellen Umsetzung des Systems angemeldet. Das große Interesse aus Kreisen der Sicherheitstechnik für Flug- und Schienenverkehr weist aber auch auf das enorme Potential einer zivilen Nutzung des ARCADIS-Konzepts hin. Weitere Informations- und Bildmaterial finden Sie unter
Weitere Informationen:
http://www.isl.eu\arcadis - Bildmaterial und Texte zum herunterladen