Symposion Menschenbild und Ökonomie an der Universität Witten/Herdecke
Veranstaltung vom 28. – 30. Juni 2012 beschäftigt sich mit den Auswirkungen des menschlichen Selbstverständnisses auf wirtschaftliche Prozesse
Die Vorstellungen über das Wesen des Menschen prägen sowohl das Verhalten des Einzelnen als auch die Gestaltung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und wirtschaftlicher Systeme. Im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung erschafft das Menschenbild die Wirklichkeit, in der wir leben und arbeiten. Das Abendland, der Nahe und der Ferne Osten haben in Religion, Philosophie und Wissenschaft eine große Vielfalt von Menschenbildern hervorgebracht, mit denen ganz unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen einhergingen und - gehen. Beim Symposion „Menschenbild und Ökonomie“, das vom 28. Juni (14 Uhr) bis zum 30. Juni 2012 (13 Uhr) in der Universität Witten/Herdecke (UW/H) stattfinden wird, soll es darum gehen, die in den verschiedenen Vorstellungen enthaltenen Einsichten, ihre Bedeutsamkeit für die ökonomischen Wissenschaften und das ökonomische Handeln wirtschaftspolitisch zu untersuchen.
Die Vorstellungen über das Wesen des Menschen prägen sowohl das Verhalten des Einzelnen als auch die Gestaltung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und wirtschaftlicher Systeme. Im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung erschafft das geteilte Menschenbild die Wirklichkeit, in der wir leben und arbeiten – sei es, um nur einige abendländische zu nennen, nach dem Bild des „animal rationale“, des „homo politicus“, des „homo sapiens sapiens“, des „homo ludens“ (der spielende Mensch), des „nicht festgestellten Tiers“ (Nietzsche), des „Mängelwesens“ (Herder, Gehlen), des „homo sociologicus“ (Dahrendorf), des religiös gebundenen Menschen („homo transzendentalis“) oder des homo neurooeconomicus.
Besonderes Augenmerk gilt dem in den westlichen Wirtschaftswissenschaften seit fast 150 Jahren maßgeblichen Modell des „homo oeconomicus“. Demgemäß werden die ökonomischen Entscheidungen und das Verhalten des Menschen durch den individuellen, im Wesentlichen egoistischen Nutzen auf Grund zweckrationaler Entscheidungen bestimmt. Der homo oeconomicus wurde so zum Leitbild des modernen Kapitalismus. Doch schon 1904 postulierte Max Weber in seinem Werk „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“, dass christlich-protestantische Tugenden letztlich die Wirtschaftsform des Kapitalismus erst ermöglichten.
„Der bisher gescheiterte Versuch, ein auf Annahmen des Bildes vom homo oeconomicus gegündetes kapitalistisches Wirtschaftssystem weltweit zu etablieren, negiert die Vielfalt menschlicher Motivationslagen und der Menschenbilder unterschiedlicher Kulturkreise“, sagt Prof. Uwe an der Heiden vom Lehrstuhl für Mathematik und Theorie komplexer Systeme, der das Symposion zusammen mit Prof. Michèle Morner, der Direktorin des Reinhard-Mohn-Instituts für Unternehmensführung und Corporate Governance an der UW/H, organisiert. „Ohne die Berücksichtigung kulturell oder religiös geprägter Menschenbilder kann ökonomisches Handeln nicht erfolgreich sein und ist im Extremfall sogar kriegerischer oder terroristischer Opposition ausgesetzt.“
Die neuere Wissenschaft (Psychologie, Soziologie, Verhaltensforschung, Hirnforschung) kommt mehr und mehr zu dem Ergebnis, dass der Mensch kein rein egoistisches Wesen, sondern sein Verhalten viel komplexer ist. Diese neueren Erkenntnisse sollen im Symposion thematisiert werden zusammen mit der Frage, welche Bedeutung altruistische Züge für die Ökonomie haben und welche Beziehungsgeflechte zwischen egoistischen und altruistischen Antrieben bestehen (bis hin zu Gruppenegoismus bzw. Gruppenaltruismus).
Neben anderen hochkarätigen Vortragenden wird auch der einzige deutsche Nobelpreisträger für Ökonomie, Professor Reinhard Selten, als Redner sprechen.
Kooperationspartner des Symposiums ist die Rudolf-August Oetker-Stiftung für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Denkmalpflege.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Uwe an der Heiden Uwe.anderHeiden@uni-wh.de, 02302 / 926-367).
Über die Fakultät für Wirtschaftswissenschaft:
Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaft wurde 1984 gegründet und bietet derzeit rund 350 Studierenden einen Studienplatz in „Business Economics“, „Philosophie, Politik und Ökonomik“, „General Management“ oder „Family Business Management“. Wittener Wirtschaftsstudierende gestalten ihr Studium ab dem ersten Semester unternehmerisch mit, sie verbinden betriebs- und volkswirtschaftliche Fragen miteinander und erfahren Interdisziplinarität. Die Studierenden lernen, Wirtschaft im Kontext zu denken, mit Problemen und Überraschungen umzugehen und dabei auch ihre soziale Verantwortung zu berücksichtigen.
Für Interessenten: Die Bewerbungsfrist für die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge an der UW/H läuft am 30. Juni ab. Bewerbungen sind möglich unter: http://www.uni-wh.de/wirtschaft/studium-wirtschaftsfakultaet/studieninteressierte/
Über uns:
Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 1.300 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsbildung.
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