Doppelt hört besser: Wie beweist man den Nutzen eines zweiten Hörgeräts?
Ende Mai trafen sich die international führenden Experten aus Wissenschaft und Hörsystementwicklung zum Workshop „Audiologische Studien für Hörsysteme – Test Toolbox“ im Haus des Hörens in Oldenburg. Im Rahmen des Projektes HurDig diskutierten sie über geeignetes Handwerkszeug für die internationale Hörforschung.
Bei Sehstörungen gehört das Monokel der Vergangenheit an, bei Hörverlust wird aber oft nur ein Hörgerät getragen – und dies obwohl alle Experten und die meisten Betroffenen den Nutzen des zweiten Hörgeräts für das räumliche Hören und Sprachverstehen bestens kennen. Probleme gibt es aber bei dem objektiven Nachweis dieses Nutzens gegenüber den Behörden. Hier sind die verwendeten Methoden oft nicht sensitiv genug – besonders bei Menschen, die nur einen leichten Hörverlust haben.
Internationale Experten diskutierten Methoden des Nutzennachweises
Um dieses Problem anzugehen und generell über geeignete Methoden bei der Anpassung und Überprüfung von Hörsystemen zu diskutieren, kamen Experten in Oldenburg an einem Tisch zusammen. Neben Hörforschern aus Deutschland und den Niederlanden waren alle großen Hersteller von Hörgeräten und Cochlea-Implantaten auf Einladung des Kompetenzzentrums HörTech vertreten. Besonders lebhaft diskutierten die Experten die Frage, mit welchen Messmethoden der Nachweis des Nutzens einer zweiohrigen (bilateralen) Versorgung mit Hörgeräten am zweckmäßigsten erbracht wird. „Wir haben dazu ein reich¬haltiges Methodeninventar von Lokalisationsmessungen zur Erfassung des Ortungsvermögens über das Verstehen von Sprache bis hin zu EEG-Messtechnik oder strukturierter Meinungserfassung des Probanden mit Fragebögen“, kommentiert der wissenschaftliche Leiter der Tagung, Prof. Dr. Dr. Birger Kollmeier. „Mit allen Methoden kann man den Nutzen zeigen – aber der Zeitaufwand dafür ist so groß, dass wir uns auf einen kleinen Satz der aussagekräftigsten Methoden verständigen mussten“.
Ehrung Europäisches Vorreiterprojekt HearCom
Einen weiteren Höhepunkt der Veranstaltung bildete eine Session zu Ehren von Initiator und Koordinator des inzwischen erfolgreich abgeschlossenen Europäischen HearCom-Projektes, Prof. Dr. Tammo Houtgast und Dr. Marcel Flaming. Viele der im Workshop diskutierten Methoden gäbe es ohne das Projekt HearCom und die Entwicklungsarbeiten der insgesamt 30 europäischen Partner – darunter die HörTech, Hörzentrum und Universität Oldenburg – gar nicht in dieser Form. Und HearCom hat auch nachhaltig Einfluss auf die internationale Hörforschung ausgeübt: ein großes Stück Gemeinsamkeit, über die Ländergrenzen hinweg. „Der Workshop verbreitet eine Atmosphäre der Kooperation. HearCom geht weiter“, freute sich Prof. Dr. Tammo Houtgast in seiner Dankesrede.
HörTech gGmbH:
Die HörTech gGmbH wurde 2001 als Kompetenzzentrum für Hörgeräte-Systemtechnik vom Hörzentrum Oldenburg und der Universität Oldenburg gegründet. Ziel der gemeinnützigen Gesellschaft ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung und die Gewinnung neuer Methoden und Erkenntnisse im Bereich des Hörens. Das Institut, das ursprünglich aus einem bundesweiten Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hervorgegangen ist, genießt mittlerweile internationale Anerkennung und leistet viel beachtete Grundlagenforschung zur Verbesserung von Hörgeräte-Technik. Die Mitarbeiter der HörTech gGmbH suchen nach neuen Möglichkeiten, Hörgeräte besser an die individuellen Bedürfnisse ihrer Träger anzupassen, sowie nach Methoden, die die Rehabilitation von Hörgeschädigten erleichtern. Für die wissenschaftliche Arbeit werden neueste Erkenntnisse über Audiologie und digitale Verarbeitung von Signalen zusammengeführt. Dabei greift die HörTech auf ein bundesweites Kompetenz-Netzwerk zurück. Sitz der HörTech gGmbH ist das „Haus des Hörens“ in Oldenburg-Wechloy.
Das Projekt HurDig wird mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.
Weitere Informationen:
http://www.hoertech.de
http://www.hoertest-per-telefon.de