DIN-Sonderpreis Wissenschaft: Zwei Dissertationen ausgezeichnet
Als Ergänzung zum Preiswettbewerb "Junge Wissenschaft" hat das DIN einen "Sonderpreis Wissenschaft" für Promotionsarbeiten eingeführt, die sich eingehend mit Fragen der Normung beschäftigen. Am 20. Juni 2012 wurden bei einer Preisverleihung in Berlin zwei Dissertationen ausgezeichnet. Das Preisgeld beträgt jeweils 3.000 Euro.
In ihrer an der Universität Hamburg vorgelegte Dissertation „Legitimation im Rahmen von Netzwerk-Governance - Chancen und Probleme transnationaler Normbildung am Beispiel von ISO 26000“ ist Dr. Sarah Jastram mehreren für die Normungsarbeit zunehmend wichtigen Fragen nachgegangen: Können Netzwerke in einer legitimen Weise Normen bilden? Wo liegen die Chancen und Herausforderungen transnationaler Multi-Stakeholder-Prozesse? Welchen Beitrag können Netzwerke zu einer Demokratisierung und Zivilisierung von Global Governance leisten? Durch teilnehmende Beobachtung des Normungsprozesses über einen Zeitraum von rund drei Jahren, durch Auswertung der anfallenden Dokumentation sowie durch Interviews mit Vertretern aller Beteiligten hat Dr. Jastram zur Entstehung der ISO 26000 viel Material gesammelt, das sie anhand eines im theoretischen Teil der Arbeit erstellten Kriterienkatalogs analysiert und bewertet hat.
An der Erarbeitung von ISO 26000, einem Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung, waren über die sechsjährige Laufzeit der Normentwicklung insgesamt rund 2.000 Experten aus über 90 nationalen Delegationen und über 40 Partnerorganisationen beteiligt. Diese den üblichen Rahmen bei weitem sprengende Beteiligung stellte den internationalen Normungsprozess vor große Herausforderungen. So gab es z. B. allein zum zweiten Arbeitsentwurf 5.000 Kommentare auf 1.000 kleingedruckten Seiten. Die Bewertung des Normungsprozesses fällt trotzdem überwiegend positiv aus: "Die Stärken des ISO 26000-Verfahrens, der inklusive Verfahrenszugang, die egalitären Partizipationsrechte der Stakeholder sowie das hohe Maß an Transparenz setzen Maßstäbe im Bereich der praktischen Durchführung von Global Governance."
Die zweite prämierte Dissertation "Six Essays on ICT standardisation - Trends and perspectives on macro and micro level" hat Dr. Stephan Gauch an der Technischen Universität Berlin eingereicht. In der Informations- und Kommunikationstechnologie spielen formelle Normen und informelle Standards eine Rolle als Basis von Innovation und Entwicklung, aber auch als Katalysator technischen Wandels. In dieser Arbeit werden anhand sechs empirisch orientierter Forschungsarbeiten zentrale Themen der Forschung an Normen und Standards im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie eingehend untersucht. Hierbei standen die Verschränkung von Forschung und Normung sowie die Arbeitsteilung zwischen formeller Normung und informeller Standardisierung in der Informations- und Kommunikationstechnologie im Vordergrund.
Normen und Standards werden in dieser Untersuchung nicht auf ihre Regelhaftigkeit verkürzt, sondern explizit anhand ihrer unterschiedlichen technoökonomischen Funktionen und Auswirkungen auf der Organisationsebene und Makroebene dargestellt. Es zeigt sich, dass Normen und Standards eher indirekte Auswirkungen haben, welche weniger an der Maximierung von ökonomischen Kapitalien orientiert sind, sondern stärker strategische Aspekte beinhalten. Normen und Standards nehmen hierbei eine dreifache Rolle als strategisches Instrument, koordinierendes Instrument und als Wissensquelle ein.
Weitere Informationen:
http://www.din.de/DIN-Preise
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