Diversity Management ist notwendig und sollte auf Ziele und Chancen ausgerichtet werden
Auf der Tagung "Biete Vielfalt – suche Normalität!" diskutierten annähernd 200 Teilnehmer(innen) mit Expert(inn)en aus Hochschulen, Politik und Wirtschaft die Grundlagen und Chancen eines systematischen Diversity Managements für Hochschulen. Mit der Tagung sind zwei mehrjährige Projekte von CHE Consult zu Ende gegangen.
Im Projekt "Vielfalt als Chance", gefördert von der Bertelsmann Stiftung, wurde mit QUEST ein für Deutschland neues Befragungsinstrument geschaffen und ein digitaler, interaktiver Maßnahmen-Katalog bereit gestellt. Das mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft gemeinsam betriebene Programm "Ungleich besser! Verschiedenheit als Chance" hat in einem Benchmarking-Verfahren Grundlagen für ein Diversity Audit für Hochschulen erarbeitet.
Die Hochschulen müssen sich auf eine zunehmende Heterogenität unter den Studierenden einstellen. Die unterschiedlichen Voraussetzungen und Lebenssituationen der Studierenden entsprechen schon heute nicht mehr dem Stereotyp vom "Normalstudenten". "Mit der Forderung nach einem strategischen Diversity Management für Hochschulen wird keine neue Sau durchs Dorf gejagt", betonte CHE Consult Geschäftsführer Christian Berthold. Vielmehr gehe es darum, die Verantwortung der Hochschulen für Wissenschaft, Bildung und die gesellschaftliche Entwicklung ernst zu nehmen und an die Realität anzupassen. "Die demographische Situation, die politisch gewollte Ausweitung der Bildungsbeteiligung und die Veränderungen, die wir als Einwanderungsland erleben, beeinflussen de facto schon heute die Bedingungen, unter denen in den Hochschulen gelehrt wird. Politik und Hochschulen müssen sich auf der Basis von eingehenden Analysen und erprobten Instrumenten den Tatsachen stellen."
Mit dem Befragungsinstrument QUEST konnten dazu erstmals Daten von circa 25.000 Studierenden erhoben und analysiert werden. Auf Basis der Analyse ist ein Diversity Report entstanden, in dem auch neue Beschreibungsverfahren für die Situation erprobt wurden. Damit ist ein erster Schritt gelungen, um das Thema Heterogenität einem systematischen Entwicklungsansatz überhaupt zugänglich zu machen. Aus dem Benchmarkingverfahren des Programms "Ungleich besser! Verschiedenheit als Chance" ist ein Model hervorgegangen, auf dessen Basis Diversity- Audits, also Qualitätsentwicklungsverfahren, die auf einen standardisierten Prozess aufbauen, durchgeführt werden können.
Auf der Tagung wurde deutlich: Das Wissenschaftssystem braucht im Hinblick auf ein studienrelevantes Diversity Management einen eigenen Ansatz. Im Kern muss die Studienerfolgswahrscheinlichkeit für unterschiedliche Typen von Studierenden und damit letztlich für alle Studierenden erhöht werden. Dies ist eine langfristig relevante Herausforderung, bei der auch die individuellen Profilierungsbemühungen der Hochschulen zu berücksichtigen sind. Ebenso müssen aber auch übergreifende politische und gesellschaftliche Zielsetzungen diskutiert und in die staatliche Steuerungssystematik für das Wissenschaftssystem einfließen. "Schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten", betonte Christian Berthold in Berlin. "Umso wichtiger ist es, konsequent an den Themen zu arbeiten."
Diversity ist weit mehr als eine Kombination der Genderthematik mit Integrationsfragen. Es geht zwar zum Teil um Aspekte, die schon seit langer Zeit in den Hochschulen bearbeitet werden. Diversity Management versucht allerdings, eine Gesamtperspektive zu entwickeln. Um wie viele Themen es tatsächlich geht, wurde auf der Tagung deutlich. Welche Adaptionsmechanismen spielen im Studium eine Rolle? Wie hängen sie mit soziometrischen und psychometrischen Faktoren zusammen? Welche Konsequenzen hat das für einen möglichen Studienerfolg? Was können die Hochschulen tun, um positiv auf die analysierte Situation zu reagieren? Welche Systematik kann genutzt werden, um entsprechende Prozesse zu strukturieren und zu unterstützen?
"In den Diversity Projekten von CHE Consult konnten in den vergangenen Jahren grundlegende Elemente für ein Diversity Management erarbeitet werden. Das heißt aber auch, mit dem Ende der Projekte geht die Arbeit erst richtig los", erklärte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Die Hochschulen müssten angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen, mit denjenigen Studiernden arbeiten, die da seien, und nicht mit denjenigen, von denen sie glaubten, sie früher gehabt zu haben.
Einen wichtigen Impuls auf der Tagung setzte auch Prof. Dr. George Kuh aus Indiana. Er verdeutlichte, dass die Hochschulen der Diversität ihrer Studierenden vor allem durch eine motivierende Lehre gerecht werden können. Kuh berichtete über Forschungsansätze aus den USA, in denen die zentralen Erfolgsfaktoren für ein höheres 'student engagement' ermittelt werden konnten. Dabei bestätigte sich ein Befund, den die QUEST-Daten für Deutschland ebenfalls nahelegen: Es sind gar nicht so sehr die ‚akademischen Faktoren‘, die für den Erfolg der Studierenden verantwortlich sind, sondern vor allem die Erwartungen, die Motivation, die Identifikation mit der Hochschulen. Auf diese Faktoren können Hochschulen recht gut einwirken.
Weitere Informationen:
http://www.che-consult.de/cms/?getObject=371&getNewsID=1440&getCB=398&getLang=de - weitere Informationen und Links
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