Die DFG fördert das Forschungsprojekt „Das Giftmotiv im Film“ an der HBK Braunschweig
Mit einer Fördersumme von insgesamt 253.675 Euro unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) das Forschungsprojekt „Das Giftmotiv im Film“ von der HBK-Professorin für Geschichte und Theorie des Films, Dr. Heike Klippel. Die Förderung umfasst neben Sach- und Publikationskosten Personalmittel für eine wissenschaftliche Vollzeitstelle, sowie eine 6-monatige W2-Professur als Vertretung für Prof. Dr. Klippel.
Prof. Dr. Klippels Forschungsprojekt ist ein Teil des Paket-Projektes „Prekäre Identitäten: Gift und Vergiftungen in Wissenschaft und Film“, das sich mit der Geschichte und Gegenwart von Giftdiskursen beschäftigt. Der wissenschaftshistorische Teil des Projekts wird von der Pharmaziehistorikerin Prof. Dr. Bettina Wahrig von der Technischen Universität Braunschweig geleitet. Beide Wissenschaftlerinnen arbeiten bereits seit mehreren Jahren an diesem Thema und veröffentlichten unter anderem 2010 gemeinsam den Aufsatz „Unfassbar – das Unbegreifliche in Giftdiskurs und Film.“
Mit der Förderung durch die DFG kann das Projekt nun realisiert werden. „Die Unterstützung durch die DFG ermöglicht es beispielsweise, Archivrecherchen durchzuführen, um so auch Filme zu untersuchen, die sonst nicht zugänglich sind“, sagt Prof. Dr. Heike Klippel. „Und wir können auf diese Weise einen Beitrag zur Kooperation zwischen der TU Braunschweig und der HBK leisten. Gerade das Giftmotiv ist ein besonders geeignetes Thema für eine Zusammenarbeit zwischen einer technischen und einer künstlerisch orientierten Hochschule, da das Gift eine geheimnisvoll-heimtückische Dimension hat, die sowohl die wissenschaftlichen Diskurse wie auch die filmische Darstellung prägt.“
Während der zweijährigen Förderungsdauer soll im filmwissenschaftlichen Projekt von Prof. Dr. Klippel das Motiv des Gifts in Geschichte und Gegenwart des Films unter Einbeziehung interdisziplinärer Aspekte erforscht werden:
In der Geschichte des Giftes mischten sich immer wieder Wissenschaft und Erzählung. Im 20. Jahrhundert haben sich diese beiden Elemente voneinander geschieden, und Gifterzählungen finden in sich z.B. in Populärkultur, Presse oder Film. Für den Film ist das Gift ein ganz besonderes Thema, denn Gift ist sozusagen unsichtbar. Was sehen wir, wenn jemand vergiftet wird? Wenige Tropfen einer Substanz werden in ein Getränk geträufelt, oder ein weißes Pulver wird schnell hineingemischt – das Opfer trinkt es und sinkt tot um – wir sehen eigentlich nichts. Die Vergiftung lässt sich nicht spektakulär wie andere Mordmethoden inszenieren, und sie wird auch nie realistisch gezeigt: Gifte sind in der Regel weder geruchs- und geschmacklos, noch führen sie sofort zum Tod, sondern zunächst einmal zu äußerst qualvollem Leiden. Dennoch hält der Film am Mythos von der Unsichtbarkeit des Giftes fest und entscheidet sich für die Fokussierung auf Lüge, Täuschung und Hinterlist. Die vermeintlich liebende Gattin bereitet eine tröstliche Tasse Tee, einen süßen Kakao oder eine würzige Speise. Der korrupte Arzt verabreicht eine ‚wohltuende’ Medizin, der perfide Verführer einen edlen Rotwein. Die Vergiftung ist damit eine Pervertierung des privaten Bereichs und seiner Funktion als Schutzraum. Auch können Vergiftungen nicht spontan oder im Affekt durchgeführt werden, denn sie benötigen ein geheimes Wissen und müssen sorgfältig geplant werden. Gifterzählungen im Film sind deshalb komplizierte Geschichten von ausweglosen emotionalen Verstrickungen, Hinterhältigkeit und Kaltblütigkeit.
Das Projekt richtet sich auf die Erforschung des Giftmotivs im Film in diesem Spannungsfeld zwischen der Konkretion der filmischen Repräsentation und Aspekten von Verborgenheit und Unzugänglichkeit.
Neben der gemeinsamen Monographie von Heike Klippel und Bettina Wahrig werden die Ergebnisse des Projekts in Aufsatz-Publikationen und auf Tagungen präsentiert werden. Den Abschluss wird eine internationale wissenschaftliche Tagung mit Filmvorführungen bilden.
„Die Unterstützung dieses Forschungsprojektes durch die DFG ist für mich eine große Freude, macht sie doch auf sehr eindrucksvolle Weise deutlich, auf welch hohem Niveau die Künste, hier der Film, wissenschaftlich an der HBK Braunschweig behandelt werden. Auch zeigt sich einmal mehr das große Potential der Zusammenarbeit zwischen TU Braunschweig und der HBK“, sagt HBK-Präsident Prof. Dr. Hubertus v. Amelunxen.
Zu Prof. Dr. Heike Klippel
Prof. Dr. Heike Klippel hat seit 2002 die Professur für Geschichte und Theorie des Films an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig inne. Sie ist Mit-Herausgeberin der filmwissenschaftlichen Zeitschrift Frauen und Film und hat zahlreiche Veröffentlichungen zu Themen feministischer Filmtheorie, Gedächtnis, Zeit, Film und Alltag publiziert; z.B. „The Art of Programming“ – Film, Programm und Kontext (Hg., Münster: Lit 2008), zuletzt: Zeit ohne Ende. Essays über Zeit, Frauen und Kino (Frankfurt a.M.: Stroemfeld 2009).
Weitere Informationen:
http://www.hbk-bs.de/service/pressestelle/presseinformationen/dfg-foerdert-das-giftmotiv-im-film/