Studium flexibel: Aus zwei mach‘ vier
Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Fachhochschule Südwestfalen in Hagen will mit neuem Studienmodell Abbrecherquote senken.
Der Hagener Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Fachhochschule Südwestfalen geht bei der Unterstützung seiner Studienanfänger innovative Wege. Wer in den ersten Wochen des Studiums deutliche Defizite in seinen Vorkenntnissen feststellt, kann mit dem Modell „Studium flexibel“ die Lehrinhalte der ersten beiden Semester auf die doppelte Zeit strecken. Und das bei einer Betreuung, die den individuellen Anforderungen gerecht wird.
„Mein Start ins Studium war eigentlich ganz okay“, sagt Carolin, „aber mit der Programmierung hatte ich schon große Probleme“. Die 21-Jährige hat im vergangenen Wintersemester ihr Studium der Technischen Informatik an der Fachhochschule Südwestfalen in Hagen begonnen. Und vielleicht hätte sie dieses Studium inzwischen auch schon längst wieder abgebrochen. Hat sie aber nicht. Stattdessen hilft ihr das im November des letzten Jahres gestartete Modell „Studium flexibel“ dabei, Wissenslücken kontinuierlich zu schließen.
Prof. Dr. Marie-Theres Roeckerath-Ries, Dekanin des Fachbereichs Elektrotechnik und Informationstechnik, erläutert das Modell, das für alle Bachelor-Studiengänge des Fachbereichs gilt: „Wir strecken die Studieninhalte der ersten beiden Semester auf vier Semester und haben dazu einen alternativen Studienverlaufsplan entwickelt.“ Die Studierenden nehmen an den regulären Lehrveranstaltungen teil, aber - und das ist der entscheidende Unterschied – eben nicht an allen, sondern an etwa der Hälfte. „Der so frei werdende Platz im Stundenplan wird in Abhängigkeit vom Studiengang für Zusatztutorien in Mathematik und Physik oder Informatik genutzt“, erläutert die Dekanin. Die Zusatztutorien werden von Gymnasiallehrern durchgeführt. Darüber hinaus finden Gespräche mit Studierendencoach Dr. Caroline Bohn zur Klärung der persönlichen Studiensituation statt.
„Mit diesem Modell möchten wir die Studierenden, die etwa aufgrund einer kürzeren oder untypischen schulischen Laufbahn keine optimalen Startbedingungen haben, dort abholen, wo sie stehen“, sagt Roeckerath-Ries. Und dass es hier Bedarf gibt, zeigt das Beispiel des 22-jährigen Yasin sehr deutlich. Yasin studiert in Hagen Elektrotechnik. Zuvor war er auf einer Schule für Schwerhörige. „Die Hochschule war eine neue Welt,ich lernte plötzlich mit Menschen ohne Handicap und in einem ganz anderen Tempo“, blickt Yasin zurück. Schnell entschied er sich für das Modell „Studium flexibel“. Als „ganz normaler Student“ fühlt er sich trotzdem. „Da gibt es keine Unterschiede“, sagt Yasin.
Da die durchschnittliche Studiendauer in technischen Studiengängen generell deutlich über der Regelstudienzeit liegt, hat er trotz der Streckung zu Studienbeginn aufgrund der intensiven Betreuung gute Chancen in durchschnittlicher Zeit fertig zu werden.
Und auch in Yasins Zeugnissen wird die Alternative „Studium flexibel“ an keiner Stelle herauszulesen sein. Oder vielleicht doch? „Einige werden bei Bewerbungen durch ihre hervorragenden Abschlüsse auffallen“, vermutet Dekanin Roeckerath-Ries. „Und das, obwohl sie ohne ‚Studium flexibel‘ vielleicht schon nach wenigen Wochen aufgegeben hätten.“
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