Insekten auf dem Titelblatt
Ein bedeutendes Ergebnis wurde von der Abteilung für „Zoologie der Wirbellosen und Hydrobiologie“ des MUSE – das neue Museum für Wissenschaft in Trient (Italien) erreicht: in der Januar-Ausgabe der englischsprachigen Zeitschrift Ecography wurde nicht nur ein Artikel der Forscher Mauro Gobbi und Mattia Brambilla veröffentlicht, ihre Arbeit kam sogar auf die Titelseite. Die international anerkannte Zeitschrift Ecography nimmt den dritten Platz in der Rangliste der 40 weltweit bedeutendsten Zeitschriften für Forschungen über die Erhaltung der Artenvielfalt ein.
Die Studie “A century of chasing the ice: delayed colonisation of ice-free sites by ground beetles along glacier forelands in the Alps” analysiert die Kolonisation von entgletschertem Terrain von Seiten der Insekten als Folge des Rückgangs der Gletscher – ein Phänomen, welches aufgrund des Klimawandels immer mehr ansteigt.
Trotz der zahlreichen Beiträge in der wissenschaftlichen Literatur über den möglichen Verlust der Artenvielfalt als Folge dieser Phänomene, gibt es nur sehr wenige Studien, die beweisen wie lange die Tierwelt benötigt, um auf Klimaveränderungen zu reagieren.
Die Forschung der beiden Mitarbeiter des MUSE wurde auf zwei Gletschern in der Lombardei (Italien) durchgeführt – dem „Ghiacciaio dei Forni“ und dem Firn des „Monte Pasquale“ – und hat sich auf Käfer aus der Familie der Laufkäfer konzentriert. Anhand von Feldforschung und Messungen mit dem GIS–System, konnten die beiden Forscher ein statistisches Modell entwickeln, das die Zeit abzuschätzen soll, welche diese Käfer benötigen, um auf Umweltveränderungen infolge des Klimawandels zu reagieren. Die Studie beweist wie die verschiedenen Anpassungsstrategien auf Umweltveränderungen nach dem Rückgang der Gletscher, von den Eigenschaften der jeweiligen Spezies abhängen.
Unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Kolonisation der gletscherfreien Terrains stehen in Zusammenhang mit den Flügeln der Käfer. Die geflügelten Arten sind in der Lage, dauerhaft ein Gebiet zu besiedeln sobald oder kurz nachdem sich der Gletscher zurückgezogen hat. Im Gegensatz dazu benötigen Arten mit verkümmerten Flügeln im Allgemeinen ungefähr 100 Jahre um eisfreies Terrain zu erobern.
Es scheint daher klar erkennbar, dass Spezies mit verkümmerten Flügeln sich nicht so schnell den Umweltveränderungen anpassen können; dies beinhaltet ein höheres Aussterberisiko, besonders im Falle rascher Veränderungen des Lebensraumes, wie jene die in den letzten Jahrzehnten vor sich gehen.
Die zwei Forscher erklären, dass die Einschätzung der Reaktionszeit der Organismen auf Umweltveränderungen überaus wichtig ist, um genauestens die Verbreitung der Spezies und so auch das höhere Aussterberisiko gewisser Arten abschätzen zu können.
Das MUSE Museum für Wissenschaft in Trient wurde vor Kurzem eingeweiht und ist nicht nur eine Institution, die sich der Erhaltung des Naturerbes sowie der Wissens- und Wissenschaftsverbreitung verschrieben hat, sondern auch Forschung in verschiedenen Bereichen betreibt; besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Umwelt, den Themen Artenvielfalt und Ökologie der „alpinen“ Ökosysteme geschenkt. Die Forschungen betreffen hauptsächlich die Dokumentation und Überwachung geschützter und vom Aussterben bedrohter Arten ebenso wie die Einschätzung von Umwelt- und Klimaveränderungen auf die Artenvielfalt in alpinen, tropischen und subtropischen Berggebieten.
Die Abteilung für Geo- und Umweltwissenschaften erforscht insbesondere die Geologie, Morphologie und Hydrologie der Alpen mit dem Ziel deren evolutionären Vorgänge zu dokumentieren und nachzuverfolgen.
Mauro Gobbi
ist Doktor der Natur- und Umweltwissenschaften und Forscher der Abteilung für „Zoologie der Wirbellosen und Hydrobiologie“. Seine Forschungsaktivitäten betreffen den Bereich Ökologie, sein Ziel ist es die Auswirkungen der Klima- und Umweltveränderungen auf die Gruppen der alpinen Insekten zu verstehen und beschreiben.
Mattia Brambilla
ist Doktor der Natur- und Umweltwissenschaften und als freier Mitarbeiter in der Abteilung für „Zoologie der Wirbeltiere“ des MUSE und in der Abteilung für Artenvielfalt der Stiftung „Lombardia per l’Ambiente“ tätig. Seine Forschungsaktivitäten betreffen vor allem die Bereiche Ökologie, Erhaltung, Evolution, Phylogeographie der Vögel und ökologische Netzwerke.
Kontakt:
Monika Vettori
Presse- und Kommunikationsabteilung MUSE
monika.vettori@muse.it
+39 0461 270317
Weitere Informationen:
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1600-0587.2013.00263.x/abstract - Link zum Artikel