Bachelorstudiengänge im Handwerk als Beitrag zur Fachkräftesicherung
Ein Aufsatz von Prof. Dr. Wolfgang Hufnagel
Die Sicherung von Fachkräften ist eine zentrale Herausforderung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Das zeigen die Daten und darüber sind sich alle Akteure einig. Die Bewältigung dieser Aufgabe erfordert die Zusammenarbeit aller, die dafür Verantwortung tragen.
Parallel zu den demografischen Veränderungen werden der technologische Wandel und die Globalisierung dafür sorgen, dass der Anteil der qualifizierten Arbeitskräfte an allen Arbeitnehmern spürbar steigt. Mit deutlichen Folgen für den Arbeitsmarkt.Verfügten 2010 noch rund 20 Prozent der in Deutschland Beschäftigten über einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss, so wird sich der Anteil der höher qualifizierten Beschäftigten bis zum Jahr 2025 voraussichtlich auf 25 Prozent erhöhen. Gleichzeitig werden die Beschäftigungsmöglichkeiten für geringqualifizierte Menschen zurückgehen.
Für die Bewältigung des Fachkräftebedarfs gibt es verschiedene Fragestellungen: welche Konsequenzen ergeben sichfür die Arbeitsmarktpolitik und die Weiterentwicklung der Berufsbildung speziell im Handwerk und welche Konzepte entwickeln die verantwortlichen Akteure? Ein Beispiel für ein solches Konzept ist ein neuer Bachelor-Studiengang, den die Fachhochschule des Mittelstands (FHM) und das Handwerkskammer Bildungszentrum (HBZ) Münster entwickelt haben. Dieser Studiengang wird weiter unten vorgestellt.
Gerade um leistungsstarke Jugendliche für das Handwerk zu gewinnen, muss die Attraktivität der Ausbildung, wie auch der späteren beruflichen Tätigkeit verbessert und aufgezeigt werden.
Inhaltlich und methodisch gute Ausbildungen, Maßnahmen zur internationalen Mobilität, Weiterbildungsmöglichkeiten mit anspruchsvollen Abschlüssen wie dem Meister und dem Bachelor verbunden mit Beschäftigungsmöglichkeiten in leitenden Funktionen eines Unternehmens oder als selbstständiger Unternehmer werden von zentraler Bedeutung sein. Eine frühzeitige praktisch orientierte Berufsorientierung an allen Schulformen könnte der Hebelsein, um die Arbeitswelt kennenzulernen und sich für Berufswege zu entscheiden.
Erfreulich ist, dass mittlerweile alle berufsbildenden Abschlüsse ein Hochschulstu-dium ermöglichen. In Folge studieren mittlerweile immer mehr Menschen ohne Abitur. Die Zahl der an den NRW-Hochschulen eingeschriebenen Studierenden, die statt Abi eine berufliche Qualifikation haben, ist zum Wintersemester doppelt so hoch wie noch ein Jahr zuvor, teilt das Wissenschaftsministerium mit. NRW nimmt für diesen Bereich bundesweit die Spitzenposition ein.Die Gesamtzahl dieser Studierenden an den Fachhochschulen stieg von 487 auf 727 Personen und an der Universitäten von 190 auf 386.“
Diese Durchlässigkeit sollte nicht als „Flucht aus dem Handwerk“ negativ bewertet werden, sondern schafft für Schulabgänger attraktive Perspektiven im Handwerk. Das Handwerk benötigt Hochschulabsolventen in Ergänzung zu den Meistern als Führungskräfte und Betriebsinhaber.
Um die Anzahl der Studierenden zu steigern, die gezielt für die Herausforderungen im Handwerk ausgebildet werden, könnte die Gründung privater Fachhochschulen des Handwerks oder die Kooperation von beruflichen Bildungszentren mit Fachhochschulen beitragen.
Umfragen zeigen, dass die Arbeitslosigkeit unter Bachelor-Absolventen zwar sehr gering ist, jedoch bemängeln die Betriebe und Unternehmen häufig deren unzureichende fachliche und persönliche Eignung. Die Vermittlung von Grundlagenwissen und Problemlösungskompetenz zur Ermöglichung eines sofortigen Einstiegs in die Berufswelt gelingt nur unzureichend.
Die Gründe dafür sind nicht nur in überfüllten Hörsälen zu suchen, sondern liegen in der fehlerhaften Umsetzung von Reformen. Entweder wurden die alten Studiengänge einfach geteilt oder der Stoff, für den man vorher acht Semester Zeit hatte, wurde in sechs zusammengefasst. Die Entwicklung einer Persönlichkeit bleibt dabei auf der Strecke.
Deshalb beschreiten die Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bielefeld und das Handwerkskammer Bildungszentrum (HBZ) Münster gemeinsam einen neuen Weg.In enger Kooperation bieten sie Interessenten, die Mode zum Beruf machen wollen und Führungspositionenin der Modebrancheanstreben, einen neuen Bachelor-Studiengang an. Der „B.A.Fashion Management“ wird ab Oktober 2013 in Münster neben dem nötigen Modefachwissen auch das betriebswirtschaftlicheKnow-how vermitteln.
Sowohl die Umsetzung der bildungspolitischen Ziele des Handwerks als auch die von den Kultusministern geforderte Entwicklung innovativer Bachelor-Modelle haben sich beide Einrichtungen auf die Fahne geschrieben. Dazu bündeln die FHM und das HBZ Münster ihre Kompetenzen.
Mode ist nicht nur Ausdruck von Zeitgeist und Lebensgefühl, sondern hat sich zu einem beträchtlichen Wirtschaftsfaktor entwickelt – insbesondere im Luxusgütermarkt werden mit Modeprodukten und Accessoires jährlich Milliarden Euro umgesetzt. Mode- und Textilunternehmen agieren zunehmend international – ihre Sprache sind ihre Produkte. Um diese einzukaufen, zu vermarkten oder verkaufen zu können, gilt es nicht nur, die Marke und das Design zu verstehen. Auch ökonomische Zusammenhänge der Mode- und Textilbranche sowie die genaue Kenntnis technischer Abläufe innerhalb der Produktion sind unerlässlich. Dies sind Anforderungen, insbesondere an das Modemanagement.
Deshalb werden in dem Studiengang Fashion Management in den Modulen BWL, Marketing & Vertrieb, Rechnungswesen/Finanzierung sowie internationales Mana-gement genau diese betriebswirtschaftlichen Kenntnisse vermittelt. Denn Fashion Manager verantworten beispielsweise das Marketing eines Modelabels und entwerfen Strategien zur Vermarktung der Modekollektionen. Sie setzen Kampagnen um und steuern so die Positionierung der Marke innerhalb des Marktes oder bauen eine Marke neu auf. Sie sind unter anderem in Schlüsselpositionen wie Produktmanagement, Einkauf, Vertrieb oder Controlling eines Mode- oder Textilunternehmens tätig oder kümmern sich um das Lizenzgeschäft. Sie sind auch in kreative Abläufe eingebunden und an der Entwicklung von Kollektionen beteiligt. Führungspositionen bei namhaften Modeketten, Kaufhäusern oder eine Tätigkeit als Trendscout für einen Modedesigner sind nur einige weitere berufliche Optionen, die sich mit dem Bachelor- Studiengang Fashion Management eröffnen.
Die fachliche Basis des Studiengangs bilden Module wie Kunst- und Kostümgeschichte, Fertigungstechnik, Gestaltungslehre, Visualisierung der Kreation, Kollekti-onsentwicklung oder Produktmanagement für Modedesign. Die Studenten erhalten einen Überblick über die Geschichte der Bekleidung und entwickeln ein Verständnis für Farb-, Formen – und Proportionslehre. Ferner erwerben sie Kenntnisse und praktische Fertigkeiten zur Entwicklung eines Kollektionskonzepts. Darüber hinaus werden die Grundlagen der Fertigung von Bekleidung unter qualitäts-, passform- und materialspezifischen Aspekten vermittelt und die Prozesse für die industrielle Fertigung textiler Produkte kennen gelernt. Insbesondere im Modul Schnitt - und Verarbeitungstechnik können die kreativ-handwerklichen Fähigkeiten ausgebildet und Erfahrungen gesammelt werden, die perfekt auf den späteren Arbeitsalltag vorbereiten.
Formale Voraussetzung zur Aufnahme des Bachelor of Arts (B.A.)-Studiums Fashion Management sind die Hochschul- oder Fachhochschulreife. Aber auch Berufspraktiker mit entsprechenden beruflichen Abschlüssen oder mit vorher erbrachten Studienleistungen, z. B. aus der Ausbildung „Produktmanagement für Mode & Design“ der Schule für Modemacher Münster, können ebenfalls dieses Studium aufnehmen. Die Entscheidung über die Zulassung und Anrechnung trifft die FHM. Der Studiengang wird als Vollzeit- und berufsbegleitende Variante angeboten.
Nähere Informationen rund um das Studium, Studieninhalte und Bewerbung gibt es unter der Rufnummer (0251) 705-4444, weiterbildung@hbz-bildung.de oder unter www.hbz-bildung.de/fashionmanagement.
Prof. Dr. Wolfgang Hufnagel ist Leiter des Handwerkskammer Bildungszentrums Münster.
Weitere Informationen:
http://www.hbz-bildung.de/fashionmanagement
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