Ökolandbau will gemeinsamen Strategieprozess
BioFach 2014: Deutsche Agrarforschungsallianz initiiert Expertendiskussion über die Zukunft der Ökobranche und wie sich die Forschung sinnvoll einbringen kann
Rund 200 Akteure aus Forschung, Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel, Verbänden, Forschungsförderung und Politik haben an der Auftaktveranstaltung des Fachforums "Zukunft des Systems Ökolandbau" der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA) auf der BioFach in Nürnberg teilgenommen. Impulse zu den Perspektiven der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft setzten der Vorstandsvorsitzende des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Elisabeth Bünder vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken und Prof. Dr. Urs Niggli vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz. Prof. Dr. Ulrich Hamm (Universität Kassel) stellte erste Überlegungen der Initiatoren des Fachforums vor, zu denen auch Prof. Dr. Kurt Jürgen Hülsbergen (TU München) und Prof. Dr. Gerold Rahmann (Thünen-Institut für Ökolandbau) gehören.
"Es muss ein Ziel geben, das für Landwirtschaft und Ernährung gilt und bei dem Prinzipien und Markt im Gleichgewicht sind", sagte Dr. Felix Prinz zu Löwenstein. Dem stimmte Elisabeth Bünder vom BMEL zu: "Nur bei klaren Zielen kann Politik ihre Mittel richtig einsetzen. Das Fachforum kann eine Plattform für einen Konsensbildungsprozess bieten." Ulrike Höfken betonte: "Das DAFA-Fachforum kann eine konstruktive Verzahnung von Forschungseinrichtungen und Ökolandbau-Themen erreichen."
"Ökolandbau 3.0, das Leitthema der BioFach 2014, ist das alter Wein in neuen Schläuchen?", fragte Urs Niggli. Er forderte eine Innovationsstrategie, die vom bäuerlichen Wissen ausgeht, soziale Innovationen einbezieht, agrarökologische Innovationen entwickelt und aus der sich wissenschaftlich-technische Innovationen generieren lassen. Er kritisierte, dass in der Ökolandbauforschung meist nur dann kooperiert werde, wenn die EU oder nationale Geldgeber dafür Mittel bereitstellen. Das DAFA-Fachforum sei eine echte Chance, sich auch ohne externe Mittel zu Zukunfts- und Forschungsfragen auszutauschen bzw. mit vorhandenen Ressourcen Gemeinsames zu tun.
Die Initiatoren des Fachforums hatten vorgeschlagen, die vier IFOAM-Prinzipien – Health, Ecology, Fairness, Care – als messbare Indikatoren auszugestalten. Auf diese Weise sollen Defizite im Ökolandbau identifiziert und Forschung und Praxis konsequent auf die weitere Verbesserung ausgerichtet werden. Dabei werden die Umsetzung von Trans- und Interdisziplinarität als Kriterium für Forschungsvorhaben und eine längerfristige Strategie angestrebt, um z.B. die Herausforderungen bei der Züchtung zu meistern.
In der Diskussion wurden drei Dinge deutlich:
1. Viele Akteure, Verbände, Unternehmen etc. haben bereits eigene Vorstellungen zur Zukunft des Ökolandbaus entwickelt und in teils breiten Diskussionen Leitbilder und Konzepte erarbeitet. Es wäre falsch, wenn die Wissenschaft das ignoriert und eine eigene Strategie daneben stellt. Vielmehr ist es sinnvoll, (i) die Vielzahl an Zukunftskonzepten und Strategieansätzen gemeinsam zu sichten, (ii) Übereinstimmungen und auch Differenzen herauszuarbeiten und (iii) daraus abzuleiten, mit welchen Themen und Prioritäten Forschung und Forschungsförderung den Weg in die Zukunft des Systems Ökolandbaus bestmöglich unterstützen können.
2. Für die Entwicklung des komplexen Produktions- und Ernährungssektors "Bio" kann es nicht das "eine" Ziel geben. Mehrere Ziele für einzelne Bereiche sind genauso sinnvoll wie verschiedene Zeithorizonte zur Erreichung verschiedener Ziele. So wird es notwendig sein, aktuelle Fragen und Defizite der ökologischen Lebensmittelwirtschaft möglichst rasch zu identifizieren, deren zeitnahe Bearbeitung z.B. im Rahmen des BÖLN zu empfehlen und dafür die bereits existierenden Infrastrukturen, z.B. Ländereinrichtungen oder das Pilotbetriebe-Netzwerk, zu nutzen. Parallel dazu sollte diskutiert und vereinbart werden, welche Schritte langfristig nötig sind, um die von den Rednern angemahnte Innovationskraft zu stärken und den Anspruch des Ökolandbaus als ökonomisch attraktives, ökologisch verantwortungsvolles und wertebasiertes Vorbild künftig mit Leben zu füllen.
3. Der von den Initiatoren vorgeschlagene Zeitplan zur Erarbeitung gemeinsamer strategischer Vorstellungen – Diskussion eines Strategieentwurfs im Sommer 2014, Überarbeitung und Verabschiedung der Strategie bei der DAFA-Mitgliederversammlung im Herbst 2014 – ist knapp bemessen. Anzahl und Umfang der bereits existierenden Leitbilder, der aktuell laufenden Strategiediskussionen auf verschiedenen Ebenen usw. erfordern Zeit zum Zuhören, zum Diskutieren und Herausarbeiten gemeinsamer Prioritäten – es gilt "Qualität geht vor Geschwindigkeit".
Einig waren sich alle Teilnehmenden: Nur in einem Prozess, an dem sich alle beteiligen können, sind die gewünschten Ziele erreichbar. Zur Ausgestaltung des DAFA-Fachforums "Zukunft des Systems Ökolandbau" können deshalb im ersten Schritt bis Ende Februar Diskussionsbeiträge an die Geschäftsstelle gesandt werden. Die Initiatoren werden die Rückmeldungen aufarbeiten, erste Vorschläge und Thesen erarbeiten und zur Kommentierung bereitstellen. Eine Veranstaltung am 30. Juni und 1. Juli in Berlin soll als Plattform zur gemeinsamen Weiterentwicklung von Vorschlägen und Kommentaren dienen.
Die DAFA ist ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Agrarforschung. Das Netzwerk verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit, die Transparenz und die internationale Sichtbarkeit der deutschen Agrarforschung zu verbessern.
Weitere Informationen:
http://www.dafa.de/de/startseite/fachforen/zukunft-des-systems-oekolandbau.html - Informationen zum DAFA-Fachforum "Zukunft des Systems Ökolandbau"